Die Goslarer Grünen analysiert und zerlegt

Im Hei­se-Fo­rum hat ein User die Gos­la­rer Grünen im Zu­sam­men­hang mit der Ab­be­ru­fung von Mo­ni­ka Ebe­ling als Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te aus­ein­an­der ge­nom­men und sei­ne Ana­ly­se zur wei­­te­­ren Nut­­zung frei­­g­e­­ge­­ben. Des wei­te­ren möch­te ich noch auf ei­nen Ar­ti­kel des FO­CUS hin­­wei­sen, der on­line nicht ver­füg­bar ist und im WGvdL.­com-Fo­rum ein­ge­stellt wur­de. Arne Hoff­mann hat eben­falls da­rauf hin­ge­wie­sen, dass im ak­tu­el­len Stern Heft ein Ar­ti­kel zu Mo­ni­ka Ebe­ling mit der tref­fen­den Über­schrift „He­xen­jagd“ er­schie­nen ist. Das Fazit der Auto­rin lautet:

„Noch so ein Sieg, und wir sind verloren“, klagte König Pyrrhus nach ei­ner ge­won­ne­nen Schlacht. Oder an­ders ge­sagt: Es gibt Sie­­ge, die Nie­­der­la­gen sind. Und Ver­lie­re­rin­nen, die zu Sie­ge­rin­nen wer­­den. Wie Mo­ni­ka Ebe­ling, die über Nacht in Deutsch­land be­kannt ge­wor­den ist. Und nicht nur von Män­ner­ini­tia­ti­ven ge­fei­ert wird, weil sie ei­ne über­fäl­li­ge De­bat­te an­ge­sto­ßen hat. To­tal kor­rekt.

Die Anfrage von Doris Juranek von den Grünen ist sehr in­te­res­sant, wenn man die Ar­gu­men­ta­tions­mus­ter ge­nau­er be­trach­tet. Die­se Be­trach­tung geht aus Grün­den der Ver­ein­fa­chung hy­po­the­tisch da­von aus, dass Frau­en in der Ge­sell­schaft gleich­be­rech­tigt sind aber al­lein auf Grund ih­res Ge­schlechts so­zi­al kon­tru­iert be­nach­tei­ligt wer­den. Es liegt ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung vor.

Ebenso geht diese Betrachtung hypothetisch davon aus, dass Frauen und Männer der­art gleich sind, dass die Be­nach­tei­li­gung von Frau­en al­lein an­hand ih­res _Ge­schlechts_ und nicht an­hand von ge­schlechts­spe­zi­fi­schen _Merk­ma­len_ er­folgt. Er­ste­res ist ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung und so­zi­al kon­stru­iert (da­ge­gen kann man et­was ma­chen). Letz­te­res ei­ne ’na­tur­ge­ge­be­ne‘ Be­nach­tei­li­gung, die nicht so­zi­al kon­stru­iert und nicht än­der­bar ist. Die Un­ter­schei­dung ist emi­nent wich­tig.

Juranek meint: „Ihren [Ebelings] bisherigen Tätigkeiten nach will sie Benachteiligung von Män­nern auf­zei­gen und ‚be­sei­ti­gen‘ – dies ist nicht un­ser po­li­ti­scher Wil­le und wir den­ken, da­mit auch im Rat nicht al­lein zu ste­hen!“

Die Formulierung ist insofern interessant, dass Juranek von der Existenz der Be­nach­tei­li­gung von Män­nern (zu­min­dest in ge­wis­sen Be­rei­chen) aus geht. Da­zu meint sie, dass es nicht der Wil­le der Grü­nen ist, die Be­nach­tei­li­gung von Män­nern zu be­sei­ti­gen. Dabei stellt sich zunächst die Frage, welches Verständnis von sozialem Leben und Ge­rech­tig­keit ei­ne Par­tei hat, wenn sie ex­pres­sis ver­bis er­klärt, er­kann­te Be­nach­tei­li­gun­gen ei­ner be­stimm­ten Grup­pe von Men­schen nicht be­sei­ti­gen zu wol­len.

Auf der anderen Seite zeigt Juranek ein sehr großes Engagement für eine andere be­nach­tei­lig­te Be­völ­ke­rungs­grup­pe. Nach dem Ver­ständ­nis von Ju­ra­nek wird die­se Grup­pe al­lein auf Grund ih­res Ge­schlechts be­nach­tei­ligt (Ge­schlech­ter­dis­kri­mi­nie­rung). Nach der Ein­gangs­hy­po­the­se ist das En­ga­ge­ment für letz­te­re Grup­pe ge­recht­fer­tigt. Der sprin­­gen­­de Punkt ist aber der, dass Ju­ra­nek die ers­te Grup­pe, de­nen sie Hil­fe ver­sagt, an­hand ih­res Ge­schlechts – dies­mal männ­lich – fest macht. Das ist – Ge­schlech­ter­dis­kri­mi­nie­rung.

Das ist eine erstaunliche Logik. Frauen dürfen auf Grund ihres Geschlechts _nicht_ und Män­ner _dür­fen_ – auf Grund ih­res Ge­schlechts – dis­kri­mi­niert wer­den. Sol­che lo­gi­schen Brü­che blei­ben nicht un­ge­straft. Um sie zu kit­ten be­darf es wei­te­rer Ar­gu­men­ta­tion. Ju­ra­nek meint:

„Für uns bleibt die Gleichstellungsarbeit für Frauen wichtig und notwendig, denn glei­che Chan­cen sind nicht ge­ge­ben und es ist ein Ver­dre­hen von Tat­sa­chen, vor al­lem Be­nach­tei­li­gun­gen für Män­ner auf­ar­bei­ten zu wol­len.“

Dieser Satz ist in zweierlei Hinsicht interessant. Sie wirft Ebeling vor „_vor_allem_ Be­nach­tei­li­gun­gen für Män­ner auf­ar­bei­ten zu wol­len [Her­vorh. d. d. Autor]“. Sie be­stä­tigt al­so die Be­nach­tei­li­gung von Män­nern (zu­min­dest in ge­wis­sen Be­rei­chen).

Wesentlich interessanter ist ihre demagogische Technik. „Gleichstellungsarbeit für Frau­en“ ist un­ter den Ein­gangs­hy­po­the­sen ein eh­ren­wer­tes Ziel, dem ein so­zia­ler Mensch kaum zu wi­der­spre­chen ver­mag. Er ent­hält aber gleich­zei­tig einen Sex­is­mus, weil er ein­sei­tig und aus­schließ­lich Frau­en er­wähnt und Män­ner auf Grund ih­res Ge­schlechts ig­no­riert. Der Satz ist de­ma­go­gisch des­halb so in­te­res­sant, weil er ei­nen All­ge­mein­platz „Gleich­stel­lungs­ar­beit für Frau­en ist wich­tig“, dem je­der (un­ter An­nah­me der Ein­gangs­hy­po­the­se) zu­stim­men kann, be­müht und da­durch den ihm in­ne woh­nen­den Sex­is­mus (Aus­schluss der Män­ner) im Kon­text ver­birgt. Zum Ver­gleich neh­me man ei­nen Na­zi, der meint, „Schwu­le soll­ten nicht ver­gast wer­den“. Dem Satz kann man voll und ganz zu­stim­men. Wä­re da nicht der Um­stand, dass nicht nur Schwu­le, son­dern auch und vor al­lem Ju­den ver­gast wur­den. Der Satz im­pli­ziert in­di­rekt und im Ge­samt­kon­text ge­se­hen, dass wohl Ju­den ver­gast wer­den dür­fen. Die Ge­fähr­lich­keit sol­cher Aus­sa­gen liegt eben da­rin, dass sie die Bot­schaft, die sie ei­gent­lich trans­por­tie­ren, gar nicht aus­ge­spro­chen und der ra­tio­na­le Ver­stand um­gan­gen wird.

Solche Aussagen sind übrigens das Resultat bewussten Denkens und ‚passieren‘ nicht ein­fach so. Ju­ra­nek weiß al­so sehr wohl um die Dis­kri­mi­nie­rung von Män­nern be­scheid und han­delt mit Vor­satz, um die­ses The­ma zu ega­li­sie­ren.

Es geht aber weiter mit der Demagogie. Was wirft Juranek Ebeling denn nun kon­kret vor? Für ei­ne ‚Amts­ent­he­bung‘ und de­nen ih­nen vo­raus­ge­hen­den „An­fra­ge[n] zur näch­sten Rats­sit­zung in Gos­lar“ müs­sen kon­kre­te, be­leg- und be­nenn­ba­re Grün­de vor­lie­gen. Nach der Text­ana­ly­se exi­st­iert aber nicht ein ein­zi­ger be­leg- oder nenn­ba­rer Grund. Man könn­te von ei­ner Ver­feh­lung Ebe­lings aus­ge­hen, wenn sie als Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te für Ge­schlech­ter

  1. sie die Diskriminierung der Menschen eines Geschlechts voll­stän­dig ig­no­riert (voll­stän­di­ge Par­tei­nah­me für das an­de­re Ge­schlecht)
  2. sie die Diskriminierung eines Geschlechts als vornehmlichen Ar­beits­schwer­punkt betrachtet, obwohl das andere Geschlecht we­sent­lich grö­ße­ren Dis­kri­mi­nie­run­gen aus­ge­setzt ist

Punkt 1 wäre per se eine klare Verletzung der Gleichstellung der Geschlechter. Wenn auch nur ein An­zei­chen vor­liegt, dass ein Ge­schlecht dis­kri­mi­niert ist, be­steht Hand­lungs­be­darf für ei­nen Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­ten/ei­ne Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te.

Punkt 2 ist wesentlich schwieriger festzustellen. Dazu bedarf es der Fest­stel­lung, dass ein Ge­schlecht we­sent­lich grö­ße­ren Dis­kri­mi­nie­run­gen aus­ge­setzt ist und der Ar­beits­schwer­punkt ent­spre­chend ge­gen­sätz­lich und so­mit par­tei­neh­mend ver­la­gert ist.

Weder wurde ein konkreter Vorwurf nach Punkt 1 noch nach Punkt 2 er­ho­ben. Statt des­sen er­hebt Ju­ra­nek nach ei­ner Ge­samt­ana­ly­se ih­res Tex­tes den Vor­wurf dass sich Ebe­ling nicht et­wa _zu_we­nig_ um Frau­en, son­dern _über­haupt_ um Män­ner ge­küm­mert hat.

Die Bigotterie der Grünen läuft im weiteren zu Höchtsformen auf. Juranek meint:

„Bündnis 90/Die Grünen haben eine Frau als Gleichstellungsbeauftragte gefordert, die dis­kri­mi­nie­ren­de struk­tu­rel­le Bar­rie­ren für Frau­en in­ner­halb und au­ßer­halb der Ver­wal­tung sicht­bar macht und Vor­schlä­ge ent­wickelt, wie die­se ab­zu­bau­en sind.“

Man stelle sich vor, eine Firma sucht einen „männlichen Softwareentwickler“ und schon wür­de Ju­ra­nek laut­hals von Dis­kri­mi­nie­rung spre­chen (zu recht!). Gleich­zei­tig for­dert sie ei­ne Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te und nicht et­wa „Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te/Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­ter“. Das ist Ge­schlech­ter­dis­kri­mi­nie­rung ex­pres­sis ver­bis.

Nebenbei verweist sie auf das Dokument „Gleichstellungsbeauftragte/Frau­en­be­auf­trag­te“. Da­rin wird in der Über­schrift mit un­ver­ständ­li­cher Selbst­ver­ständ­lich­keit vo­raus­ge­setzt, das die Be­auf­trag­ten für Gleich­stel­lung Frau­en sein müs­sen und dass die Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­te auch noch ei­ne Frau­en­be­auf­trag­te sein muss. Zu den Be­auf­trag­ten heißt es in dem Do­ku­ment übri­gens: „Be­auf­trag­te in den Kom­mu­nal­ver­wal­tun­gen mit der Auf­ga­be zur Ver­wirk­li­chung des Gleich­be­rech­ti­gungs­ge­bots des Grund­ge­set­zes“. Wie es sich ge­hört, ist es ge­schlechts­neu­tral for­mu­liert. Ju­ra­nek und Kon­sor­ten schei­nen das aber an­ders ge­le­sen zu ha­ben.

Die Bigotterie von Juranek lässt sich schwerlich besser am lebenden Beispiel dar­stel­len. Die­se Ana­ly­se ba­siert auf nichts an­de­rem, als Ju­ra­neks Ein­stel­lun­gen hy­po­the­tisch als ge­ge­ben vo­raus zu­set­zen und ihre Aus­sa­gen klar aus­zu­drücken. Män­ner dür­fen auf Grund ih­res Ge­schlechts dis­kri­mi­niert wer­den. Und die­se Dis­kri­mi­nie­rung nennt man Gleich­stel­lung.

Dieser Text ist übrigens gemeinfrei.

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Vorsorglich möchte ich darauf hinweisen, dass ich meine, eine logisch schlüssige Ge­dan­ken­ket­te auf­ge­baut zu ha­ben. Ich kann mich na­tür­lich ir­ren und völ­lig falsch lie­gen. Der Wis­sen­schaft­ler, Lo­gi­ker und Mensch in mir sucht nach der Wahr­haf­tig­keit. Jeg­li­che lo­gisch be­grün­de­te Kri­tik an mei­nen The­sen hel­fen mir, mei­ne Denk­feh­ler zu er­ken­nen und zu be­sei­ti­gen. Ich se­he sie als Hil­fe an, mei­nen Ver­stand zu schär­fen und so wei­ter­zu­ent­wickeln. Plum­pe De­ma­go­gie – so wie ich sie hier auf­ge­zeigt zu mei­nen ha­be – als Kri­tik ge­tarnt em­pfin­de ich al­ler­dings als per­sön­li­che Be­lei­di­gung. Ent­spre­chend scharf wer­de ich auch ant­wor­ten.

WikiMANNia: Monika EbelingDer Fall Ebeling – Chronologie einer Hexenjagd

1 Kommentare.

  1. Die Grünen schlagen nun auf die PRESSE und weiter auf Monika Ebeling ein.

    Wie konnte Monika Ebeling so lange diese Intrigen gegen sie überhaupt aushalten?

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    Danke für diese hervorragende Erklärung, jetzt bin ich aufgewacht was in der Politik wichtig ist.