Von Paul-Hermann Gruner • 05.02.2010
Edel, hilfreich und gut, gleichzeitig aber auch arm, geschunden, ohne jede Eigenverantwortung in Not geraten, das ist heute unser Prototyp des sozialen Problemfalles: die Alleinerziehende. Eine Allzweckwaffe.
Sucht eine Talk-Show ein Opfer der industriellen Moderne, der internationalen Finanzkrise, der postpubertären Verelendung, der alltäglichen Prekarisierung – dann greift sie zu dieser jungen Frau mit Kind oder Kindern. Und die lächelt dann gefasst in die Kamera und lässt uns teilhaben am Elend.
Früher hätte man in Sachen Elend und Verarmung vielleicht einen Obdachlosen präsentiert, der im Stadtwald campiert, eine verarmte Seniorin ohne Witwenrenten-Anspruch, einen teilamputierten Gerüstbauer, der keinen Arbeitsplatz mehr findet – heute stellt all diese Schicksalsschläge die Alleinerziehende alle in ihren großen, dicken, unhinterfragten Schatten.
Ihre Gruppe wächst in Deutschland staunenswert schnell – genauso die Kosten für ihre Alimentierung. Im Osten der Republik bilden Alleinerziehende 26 Prozent aller Haushalte mit Kindern. Bundesweit leben heute 2,2 Millionen Kinder leben in rund 1,6 Millionen Ein-Eltern-Familien. Die rund zehn Prozent alleine erziehenden Väter taugen aber nicht zur Vorführung als bedauernswertes Etwas; dazu braucht es das Optimum, die Alleinerziehende mit der fünffachen Mitfühl-Voraussetzung: jung, weiblich, vom bösen Manne verlassen, systemisch benachteiligt, in steter Sorge ums Kind verzehrt. Dagegen wirken verschüttete Erdbebenopfer fast schon privilegiert [mehr]
Paul-Hermann Gruner ist der Autor von „Frauen und Kinder zuerst“ sowie „Befreiungsbewegung für Männer: Auf dem Weg zur Geschlechterdemokratie“. Des weiteren ist er einer der Mitbegründer von AGENS e.V. Ich habe mich deshalb sehr gewundert, das Herr Gruner ausgerechnet bei dem feministischen Sender Deutschlandradio Kultur diesen Beitrag unterbringen konnte.
WikiMANNia: Alleinerziehende
http://podcast-mp3.dradio.de/podcast/2010/02/05/drk_20100205_0722_0f512e67.mp3
„Ich habe mich deshalb sehr gewundert, das Herr Gruner ausgerechnet bei dem feministischen Sender Deutschlandradio Kultur diesen Beitrag unterbringen konnte.“
Deutschlandradio Kultur ist beileibe kein feministischer Sender. Jedenfalls noch nicht. Ich habe ihn sogar als life-stream in meinen Musik-Player eingebaut.
Ich erinnere an die 30-Minuten-Diskussion vom 1. Mai 2009 von Florian Felix Weyh mit Astrid von Friesen und Paul Hermann Gruner unter dem Namen „Männerleben“. Ich habe sie mir abgespeichert. Bei D_Radio ist sie noch nachzulesen.
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/lesart/959995/
Ich weiß, daß dies im Gelben anders gesehen wird. Auch Arne Hoffmann hatte DLR_Kultur und DLF mal verwechselt und ist dann zurückgerudert. Aber selbst er, der so unglaublich viel für die Männerbewegung geleistet hat, wurde ja zum Feind erklärt.
Das Gelbe ist ein Fels in der Brandung. Aber manchmal auch zu radikal und sehr ungerecht.
Gruß
adler
@adler
Ich habe mir meine Meinung zu DeutschlandRadio nicht auf Grund der Äußerungen im WGvdL-Forum gebildet. Ich streite allerdings auch nicht ab, das ich die Sender ebenfalls verwechselt habe.
Mein Mann und ich haben lange Zeit einen der Sender gehört, aber irgendwann häuften sich die Artikel zum Thema Feminismus und seit dieser Zeit läuft das Radio bei uns gar nicht mehr.
Was Deine andere Meinung zum WGvdL-Forum betrifft, so gebe ich Dir teilweise recht. Gerade die Debatte rund um Haiti zeigt mir aber, das wir manchmal noch viel zu zahnlos sind. Was wir von der EU rund um das Thema Gender erwarten können, kann man sich mittlerweile immer lebhafter vorstellen.
Gruß – Christine
@Jens
Danke für die Einstellung des Links – Christine
Adler schrieb: „Ich erinnere an die 30-Minuten-Diskussion vom 1. Mai 2009 von Florian Felix Weyh mit Astrid von Friesen und Paul Hermann Gruner unter dem Namen “Männerleben”.“
@Adler: Es stimmt, DRadio-Kultur bringt etwa einmal im Jahr eine derartige Sendung, die für 2010 haben wir damit bereits hinter uns. Feministisches Zeug hört man dort etwa 20 Mal am Tag, auf DLF nur etwa 10 Mal pro Tag. Ob solch eine Frequenz reicht, um einen Sender als feministisch zu bezeichnen, muss jeder selber wissen.