Jungendiskriminierung durch Politiker schreitet fort

Viele glauben ja, der Feminismus würde sich bald dem Ende zuneigen. Das dem mitnichten so ist, beweist der gemeinsame Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen: „Fraktionen fordern Weltmädchentag der Vereinten Nationen„. Die Jungenverachtung schreitet somit immer weiter fort. Ob es um das Thema Genitalverstümmelung, Zwangsheirat, Ausbeutung oder Prostitution geht – Menschenrechte gelten für Jungen nicht.

Um hier Missverständnissen vorzubeugen: natürlich gibt es in der dritten Welt viele Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten Mädchen gegenüber und es ist auch gut, dass sich Leute dafür einsetzen. Aber rechtfertigt das in der Tat einen Gedenktag nur für Mädchen? Wieso werden die Grausamkeiten der Jungen noch nicht einmal erwähnt? Ob es um Genitalverstümmelung, Zwangsheirat, Ausbeutung, Prostitution, Arbeit oder fehlende Bildung geht, überall sind Jungen in ungefähr gleichem Ausmaß betroffen.

Im übrigen ging die Initiative zu einem internationalen Weltmädchentag scheinbar von PLAN International aus, die sich in ihren Broschüren und Aufrufen zu Spenden explizit für Mädchen einsetzen, was ich in diesem Blog thematisiert habe.

Fraktionen fordern Weltmädchentag der Vereinten Nationen · hib-Meldung

Plenarprotokoll 17/126 • Deutscher Bundestag • Stenografischer Bericht
126 Sitzung • Berlin, Mittwoch, den 21. September 2011
Einrichtung eines Weltmädchentages der Vereinten Nationen (PDF – 9 Seiten)

Sabine Weiss (CDU/CSU):
[..]Ich habe vor einiger Zeit einen Aufklärungsfilm über Genitalverstümme­lung gesehen. Der Film zeigt dieses tagtäglich an Mädchen begangene Verbrechen mit schonungsloser Offenheit. In einer Szene wird ein Mäd­chen von seiner eigenen Mutter festgehalten, damit eine Frau, bewaffnet mit einer schmutzigen Rasierklinge, ihr blutiges Geschäft vollenden kann. Danach näht diese Frau das Mädchen wie ein Stück gerissenen Stoff zu. Die ins Mark gehenden Schreie dieses Mädchens verfolgen mich noch heute. Diese barbarische Tortur müssen jedes Jahr 3 Millionen Mädchen erleiden. Wenn ich mir das vorstelle, dann finde ich, dass es höchste Zeit ist, durch einen UN-Mädchentag mehr Aufmerksamkeit auf diese furcht­bare Praxis zu richten.

Da muss der Finger in die Wunde gelegt werden, und zwar permanent, damit das Bewusstsein für das, was man Töchtern und Ehefrauen durch Genitalverstümmelung antut, wächst. Es gibt noch viel zu viele Länder, in denen diese grausame Menschenrechtsverletzung aufgrund irgendwelcher Traditionen an der Tagesordnung ist. Wenn ein UN-Mädchentag helfen kann, dieses Bewusstsein zu schärfen, dann brauchen wir diesen Tag eher heute als morgen.

Da kann man ja froh sein, das die grausamen Genitalverstümmelungen an Mädchen nicht den Männern in die Schuhe geschoben wurden.

Karin Roth (Esslingen) (SPD):
[..]Wir wissen, dass 70 Prozent der mehr als 1 Milliarde Menschen, die heute hungern, weiblich sind. Auch das zeigt, dass Mädchen besonders betroffen sind. Frau Kollegin Kofler, Sie haben es gesagt: 100 Millionen Mädchen sind von Kinderarbeit betroffen, weshalb sie gar nicht zur Schu­le gehen können. Auch das muss gesehen werden. Deshalb brauchen wir auch Maßnahmen dafür, dass Mädchen lernen können und nicht arbeiten müssen.

Nicht zu vergessen sind auch die HIV-Infektionen, die Frauen und insbe­sondere junge Mädchen betreffen,[..]

Ich habe mir mehrere Videos zum Thema Kinderarbeit angesehen und in allen kam die Zahl 200 Millionen +/- vor. Nun muss diese natürlich nicht stimmen, aber wenn Politiker nun sagen, dass 100 Millionen Mädchen von der Kinderarbeit betroffen sind, dann sind die anderen 100 Millionen folgerichtig Jungen, woraus sich für Politiker die Befürwortung eines Weltmädchentages ergibt.

Helga Daub (FDP)
[..]Traditionen sind durchaus oft etwas Gutes, Bewahrenswertes. Es gibt aber Traditionen, die mit unserem Verständnis von Menschenwürde und Menschenrechten völlig unvereinbar sind. Genitalverstümmelungen sind ein furchtbares Beispiel für eine solche Tradition, die Ächtung verdient, Ächtung in aller Konsequenz. Es darf nicht reichen, dass Staaten dieses grausame Ritual zwar gesetzlich verbieten, eine Mehrheit der Gesell­schaft in diesen Staaten es aber duldet, weil es eben Tradition ist.

Genitalverstümmelungen sind also ein furchtbare Tradition, die weltweite Ächtung in allen Konsequenzen verdient. Warum soll das nur für Mädchen gelten, nicht aber für Jungen?

[..]Obwohl wir uns Gott sei Dank mittlerweile viel intensiver mit den Rechten und dem Wohlergehen von Kindern beschäftigen, zeigt die Wirklichkeit, dass gerade Mädchen und junge Frauen noch stärkerer Beachtung bedürfen.

[..]Heute müssen wir – jedenfalls bei uns – viel eher aufpassen, dass nicht kleine Jungen die Bildungsverlierer sind; das aber nur am Rande.

Das war aber auch der einzige Satz, der Jungenbenachteiligung anspricht.

[..]Häufig genug finden wir dieses Verhaltensmuster in weniger entwickel­ten, armen Ländern. Bildung, wenn überhaupt, kommt in diesen Ländern oft genug nur den Jungen zugute.

In der gleichen Plenarsitzung, lediglich zu einem anderen Thema wurde folgende Aussage getätigt:

Anette Hübinger (CDU/CSU)
Ich selbst habe auf meiner Reise gemeinsam mit Hartwig Fischer in Lesotho feststellen können: In den Schulklassen, die uns mit Gesang erfreuten, waren fast nur Mädchen. Warum? Weil die Jungen die Schafe hüten mussten.

Gut, das sagt natürlich nichts über die Verhältnisse im restlichen Land und den anderen 3.-Welt-Ländern aus, aber ich glaube, das sich die Bildungschancen von Jungen und Mädchen – global gesehen – im Großen und Ganzen egalisiert.

Helga Daub (FDP)
[..]Die Zahl der HIV-Infektionen bei Mädchen und jungen Frauen ist sehr viel höher als bei Jungen und jungen Männern.

[..]Wenn Bäuerinnen dieselben Voraussetzungen und Möglichkeiten wie Bauern hätten, könnte die Maisernte in Malawi um 11 Prozent und in Ghana sogar um 17 Prozent gesteigert werden. Oder: Die UN-Organisa­tion für Ernährung und Landwirtschaft schätzt, dass die landwirtschaft­lichen Erträge in Entwicklungsländern um 2,5 bis 4 Prozent wachsen würden, wenn Bäuerinnen denselben Zugang zu Ressourcen wie Bauern hätten. Diese Zusammenhänge gilt es, bewusst zu machen. Auch deshalb fordern wir den Weltmädchentag der Vereinten Nationen.

Wer Frauen- und Mädchenbenachteiligungen komprimiert auf 9 Seiten lesen möchte, der sollte sich das PDF-Dokument durchlesen. Man bekommt das Gefühl, als ob Frauen auf der ganzen Welt unterdrückt werden; und weil immer wieder von der Ausbeutung der Frauen geredet wurde, erinnere ich an den Film „Working Man’s Death“, von dem es auf Youtube etliche Filmausschnitte zu sehen gibt. Das Kurzvideo über dieTodesminen in Marokkoist mindestens ebenso erschütternd.

Das charakterlose bei solchen Veranstaltungen im Bundestag ist die Tatsache, dass sich kein einziger Politiker das Elend der Jungen in den unterentwickelten Ländern dieser Welt zu benennen traut.

Plenarprotokoll 17/126

7 Kommentare.

  1. “ [..]Ich habe vor einiger Zeit einen Aufklärungsfilm über Genitalverstümme¬lung gesehen. Der Film zeigt dieses tagtäglich an Mädchen begangene Verbrechen mit schonungsloser Offenheit. In einer Szene wird ein Mäd¬chen von seiner eigenen Mutter festgehalten, damit eine Frau, bewaffnet mit einer schmutzigen Rasierklinge, ihr blutiges Geschäft vollenden kann. Danach näht diese Frau das Mädchen wie ein Stück gerissenen Stoff zu. Die ins Mark gehenden Schreie dieses Mädchens verfolgen mich noch heute. Diese barbarische Tortur müssen jedes Jahr 3 Millionen Mädchen erleiden. Wenn ich mir das vorstelle, dann finde ich, dass es höchste Zeit ist, durch einen UN-Mädchentag mehr Aufmerksamkeit auf diese furcht¬bare Praxis zu richten.“

    Während Sabine Weiss so sentimental über die Genitalverstümmelung in fernen Ländern bei Mädchen wird, sollte man sich an das erinnern, was an deutschen Kliniken Alltag zu sein scheint:
    Eine junge Ärztin berichtet über ihre Erfahrungen im praktisches Jahr. Sie berichtet „über dieses tagtäglich“ in Deutschland an Jungen „begangene Verbrechen mit schonungsloser Offenhei“t:

    09.10.2005, 13:40
    Man kann eine cici ambulant ab einem halben Jahr in Vollnarkose machen, bei noch kleineren kindern wird wegen der höheren komplikationsrate nicht ambulant operiert. Auch in diesem alter und darüber hinaus kann es natürlich zu Komplikationen kommen, die aber sicher nicht höher, eher niedriger als bei erwachsenen sind.

    Bei ein-bis zwei monate alten kindern wird die beschneidung in örtlicher betäubung gemacht (peniswurzelblock)- bisher die einzige Op bei der ich aus lauter mitleid mit diesen kleinen würmchen am liebsten rausgegangen wäre, die schreien wie am spieß. Hierbei handelt es sich dann eigentlich immer um eine kulturelle beschneidung. Die vorhaut wird dabei auf einen plastikring gezogen, der dann also zwischen vorhaut und eichel liegt und dann mit einem dünnen faden abgebunden. Sie fällt dann nach ein paar tagen von selber ab. Soweit die theorie. In der praxis habe ich es erlebt, dass ein teil der vorhaut nicht mit abgegangen war und dann manuell nachbeschnitten werden musste- wieder die ganze prozedur, ein kreischendes baby, das von mehreren leuten festgehalten werden musste, sehr blasse eltern, … Wahrscheinlich gibts auch noch andere methoden, aber das ist die die ich kenne.
    http://www.beschneidung-von-jungen.de/home/betroffene/die-schreien-wie-am-spiess.html

    ( Ach ja…Wenn Frau Weiss nicht jeglichen Bezug zur Realität verloren hätte, wüsste sie vielleicht dass die UN schon seit Jahrzehnten ihre Aufmerksamkeit auf diese Praxis richtet.)

  2. Ach, was interessiert hier die Feministinen Beschneidungen ohne Narkose bei Kleinstkindern.
    Quotenfrauen ohne Talent oder Begabung brauchen schließlich ein Auskommen!

    Das sind die wirklich wichtigen Themen.

  3. „Jungendiskriminierung durch Politiker schreitet fort“

    http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/kinder-und-jugend,did=174528.html

    Wir wissen doch alle, wohin die Förderung immer geht, zu Frauen!

    Sieht man sich die Startseite des BMFSF an, steht dort in der Kopfleiste „Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Also dieses „fdfj“

    In der verlinkten Unterleiste (mit Verlinkungen dazu) dazu steht:
    FAMILIE
    Familie und Arbeitswelt
    Leistungen und Förderungen
    Elternkompetenz
    ÄLTERE MENSCHEN
    Neue Bilder vom Alter
    Zu Hause im Alter
    Hilfe und Pflege
    Demenz
    Sicher leben im Alter
    GLEICHSTELLUNG
    Politik für Frauen und Männer
    Frauen und Arbeitswelt
    Perspektiven für Jungen und Männer
    Frauen vor Gewalt schützen
    Schwangere informieren
    Migrantinnen fördern
    KINDER UND JUGEND
    Kinderbetreuung
    Kinder- und Jugendschutz
    Integration und Chance für Jugendliche
    Kompetenzen junger Menschen
    Kinderseite
    FREIWILLIGES ENGAGEMENT
    Bundesfreiwilligendienst
    Zivildienst
    FSJ / FÖJ
    Mehrgenerationenhäuser
    Engagement stärken

    Schon aus dieser Liste der Überschriften auch unter Minister Schröder, sieht man dass sich wenig geändert hat, denn das „Engagement stärken“ scheint nur darauf abzuziehen, weiter die Politik so zu betreiben wie in der Vergangenheit, Männer/Jungen weiter zu diskriminieren, alles andere ist eine Spracherweiterung und dient nur dem politischen Verdrehen und Verschleiern von Tatsachen.

    Tatsache ist auch, wenn solche „Themen im Bundesrat“ diskutiert werden, diese den Außenministerium unterliegen, wenn es wie hier beispielsweise erwähnt um Lesotho geht.
    Aber die Damen der einzelnen Fraktionen treiben sich wohl zu viel im Ausland auf Staatskosten herum, dass sie nicht sehen, dass sie das versäumen, was vor der eigenen Haustür geschieht.

    Jetzt lebe ich nun Mal in einem kleinen Ort, der kein Gymnasium hat, sondern nur eine Hauptschule und Realschule. Jene Schüler die eine höhere Bildung haben wollen, müssen wohl oder übel in 2 benachbarte Orte (8 und 12 km entfernt) mit dem Bus täglich fahren.
    Dabei habe ich mir nun die höllische „Arbeit“ gemacht, an der Bushaltestelle an 2 verschiedenen Morgen, die Kinder zu und nach Geschlecht zu zählen, während diese Kinder auf den Bus warteten.

    Tag 1: 18 + 4 = 22
    Tag 2: 22 + 7 = 29

    Ich will hier nun nicht erwähnen, was der Mädchenanteil ist, aber jeden auffordern, wenn er eine ähnliche Möglichkeit hat wie ich selbst, ebenfalls eine „Volkszählung“ durchzuführen.

    Dass sich nun Politiker(innen) um das Ausland kümmern um Nachteile an Mädchen aufzeigen ist bemerkenswert, bedenkt man zB Afghanistan wo der über maßen männliche Anteil an Schulen sofort erkannt wurde, und Förderungen sofort unbürokratisch aus deutschen Steuerzahlergeldern die Mädchen dort fördern!

    Nach Lesotho kann man jedoch nur über Südafrika einreisen, und muss dann einige hunderte Km auf der Straße reisen, zudem ist Lesotho nicht gerade ein Ferienland in den zugegebenen wunderschönen Bergstaat.

    Kann es sein, dass die mit Begleitung von der Lesotho Dame: „Anette Hübinger (CDU/CSU)
    Ich selbst habe auf meiner Reise gemeinsam mit Hartwig Fischer in Lesotho feststellen können….“

    sonst aber mit verbundenen Augen, den staatlichen Steuerurlaub verbracht haben, und viel besser an der eigenen Haustür viele Bushaltestellen für dieses Geld kontrollieren hätten können, damit einmal eine Statistik besteht?
    http://www.bbc.co.uk/news/10350471

    Natürlich könnte man argumentieren, man solle nur den Mädchen die Bustickets bezahlen, und die Jungen ausschließen, wie auch hier berichtet wurde, denn man würde dabei auch Geld sparen, für die gebeutelte Staatskassen.

    Natürlich werden zB Stories verbreitet, bessere HIV Resistenz,
    http://www.nytimes.com/2011/08/23/health/23consumer.html
    oder anderer unlogischer Unsinn.
    Wenn aber schon im hoch entwickelten Amerika 117 Jungen jährlich daran sterben, dann stellt sich die Frage, wie viele tatsächlich in Afrika daran sterben, denn dort (auch in Südafrika) wird Beschneidung i.d.R. nicht in Kliniken durchgeführt!

    An der eigenen Aufgabenstellung des BMFSF und den Berichten der Abgeordneten zeigt sich schon, wo die wahren Schwerpunkte der Politik liegen, Frauen, Frauen, und nochmals Frauen, Männer und Jungen im Inland und im Ausland können/dürfen/müssen krepieren!

    Daher ein eindeutiges „JA“ zur Überschrift „Jungendiskriminierung durch Politiker schreitet fort“ dieses Artikels.

  4. Hier noch die Mitteilung des Bundestages zum Weltmädchentag.

    Abgeordnete kämpfen für einen Weltmädchentag

    In vielen Regionen der Welt leiden Frauen und Mädchen unter massiver Benachteiligung und Unterdrückung. Sie werden misshandelt, verstümmelt, verkauft oder noch vor der Geburt abgetrieben.

    [..]Vor Journalisten erläuterten fünf Initiatoren, darunter die Vorsitzende des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU), am Mittwoch, 28.September 2011, wie wichtig es ist, die Situation von Mädchen und jungen Frauen weltweit stärker in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.

    http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2011/35842276_kw39_weltmaedchentag/

    Irgendwie steht auf der Seite des Bundestages einiges, was im Antrag nicht gestanden hat.

  5. @Gast – Danke für Deinen Bericht und die mühevolle Arbeit.

  6. @Liberator – Ich habe es gerade erst gelesen, Du hast da einen Bericht inkl. Verlinkung und Bilder eingestellt, da wird einem nur noch übel.

    Trotzdem ist es wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen. Danke dafür!

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