Menschenjagd

Im Strudel eines «Literaturskandals»

Frühmorgens klingeln Polizisten an der Haustür eines Zürcher Gym­na­siallehrers. Sie durchsuchen seine Wohnung und führen ihn ab – er soll im Unterricht Pornografie verbreitet haben mit der Lektüre eines Thea­terstücks aus dem 19. Jahr­hundert. Es beginnt eine Irrfahrt durch das Justizsystem, an deren Ende eine zer­stör­te Existenz zurückbleibt. Erstmals äussert sich der Lehrer D. S. zu seiner kafkaes­ken Erfahrung

Es war 1997 auf der Polizeistation einer Provinzstadt in lran.An der Wand, mir gegen­über, Ayatollah Khomeiny. Ich starrte während des Verhörs an seinen Bart, der mehr und mehr zum Symbol des ganzen Sittenpolizeistaates wurde. Eine Sittenpolizei, die in jeder Geste Sex vermutet, aus jedem Geräusch Pornografie erlauscht. Das ist eben Iran: Ich ging mit zwei Studentinnen in einem Park spazieren und wurde deswegen verhaftet. In der Schweiz undenkbar. So dachte ich damals. Bis 2009.[..] Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

Aus der NZZ am Sonntag vom 16.September 2012 (PDF)

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