Frauen und Mädchen mit Behinderungen mehrfach diskriminiert

Deutscher Bundestag • Stenografischer Bericht • 6. Sitzung
Plenarprotokoll 17/6 • Berlin, Mittwoch, den 25. November 2009

Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Welche neuen Anforderungen ergeben sich nach Auffassung der Bundesregierung aus dem Art. 6 – Frauen mit Behinderungen – der UN-Behindertenrechtskonvention für den „Bericht der Bundesregierung über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe“ nach § 66 SGB IX, und wie erklärt die Bundesregierung die – im Vergleich zum „Bericht der Bundesregierung über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe“ der 15. Wahlperiode – geringe und nicht durchgängige Berücksichtigung der Situation behinderter Frauen im aktuellen „Bericht der Bundesregierung über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe“ der 16. Wahlperiode?

Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Soziales:
Mit Art. 6 Abs. 1 der UN-Behindertenrechtskonvention wird anerkannt, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen mehrfachen Diskriminierungen ausgesetzt sind. Die besondere Situation behinderter Frauen wird auch im aktuellen Bericht der Bundesregierung, den ich Ihnen gerne nachher noch übergeben kann – noch die vorherige Bundesregierung hat ihn vorgelegt –, dargestellt und analysiert.

Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. Jetzt weiß ich, an wen ich mich in der 17. Wahlperiode im Bundesarbeitsministerium wenden kann, wenn ich weiterhin den Eindruck habe, dass möglicherweise ein wesentlicher Bereich, nämlich das Thema „Frauen und Mädchen mit Behinderungen“, nicht ausreichend berücksichtigt wird. Haben Sie denn, Herr Staatssekretär, eine Erklärung dafür, warum im jüngst veröffentlichten Bericht über die Lage von Menschen mit Behinderungen kaum etwas und vor allen Dingen nicht durchgängig über die Lage von Frauen und Mädchen mit Behinderungen steht, wo doch noch im vorherigen Bericht der 15. Wahlperiode bei den Themen „Besondere Hilfebedarfe“ über „Zugang zu Gesundheitsdiensten“ bis hin zur „Beruflichen Rehabilitation“ vielfältige Aspekte der geschlechtsspezifischen Seite angesprochen wurde?

Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Offensichtlich haben wir da teilweise unterschiedliche Auffassungen. Ich bin jedenfalls der Auffassung, dass im vorangegangenen Bericht, dem der 15. Wahlperiode, das Thema „Frauen und Mädchen mit Behinderungen“ systematischer und umfangreicher behandelt worden ist. Hat die Bundesregierung denn vor, im Bericht der 17. Wahlperiode, der in den nächsten Jahren anstehen wird, dieses Thema im Sinne des Gender-Mainstreamings als Querschnittsthema zu berücksichtigen?

Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE):
Was also muss im richtigen Leben, nicht nur in den Berichten, passieren, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen wenigstens gleiche Chancen haben?

Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Beabsichtigt die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, die Zahl der schwer behinderten Erwerbstätigen als eine wesentliche Kennzahl durch die Bundesagentur für Arbeit statistisch erfassen zu lassen, um somit eine monatliche geschlechtsspezifische Berichterstattung zu ermöglichen – die auch die Datenbasis zur beruflichen Lage behinderter Frauen im „Bericht der Bundesregierung über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe“ verbessern könnte –, [..]

Hans-Joachim Fuchtel, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Soziales:
Ich darf beispielsweise nochmals auf das Projekt „SELBST – Selbstbewusstsein für behinderte Mädchen und Frauen“ hinweisen. Der Abschlussbericht hierzu ist seit Mai 2009 auf der Homepage des Bundesfamilienministeriums veröffentlicht.

Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
In meinen Gesprächen mit Verantwortlichen der Bundesagentur für Arbeit ist mir bislang nicht zugesichert worden, die geschlechtsspezifische Erhebung in Bezug auf behinderte Frauen und Mädchen vorzunehmen.

Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE):
Meinen Sie nicht, gerade als Staatssekretär, der sich besonders für Menschen mit Behinderungen zuständig fühlt, dass es viel wichtiger wäre, die Arbeitslosigkeit von schwer behinderten Frauen und Mädchen abzubauen?

Es ist immer wieder erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit über angebliche Mehrfachdiskriminierung von Mädchen und Frauen gesprochen wird. Es geht schon gar nicht mehr darum, welchen Mehrfachbehinderungen Frauen und Mädchen ausgesetzt sind, das wird mittlerweile als Gegeben vorausgesetzt.

Plenarprotokoll 17/6 ab Seite 346 des Dokumentes – PDF-Reader ab Seite 38

1 Kommentare.

  1. Zu allen Diskriminierungen kommt noch, dass Frauen eine kleineres Gehirn als Männer haben und deshalb beim Sprechen das gesamte Gehirn aktivieren müssen. Diese unerhörte Diskriminierung von Frauen wird immer wieder unter den Tisch gekehrt.