Amoklauf im Klassenzimmer – Was läuft falsch im Kinderzimmer?
Anne Will – Sendung vom: 15.03.09 | 21:45 Uhr
Über die Konsequenzen aus dem Amoklauf von Winnenden diskutieren Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU), die Kriminologin Britta Bannenberg, der Jugendpsychiater Michael Winterhoff, der Publizist Hajo Schumacher sowie Kathrin Kopriva und Hans-Dieter Baumgärtner aus Winnenden.
Obige Sendung hatte ich am Sonntag nicht gesehen, weil ich mir grundsätzlich die ganzen Polit-Sendungen nicht mehr anschauen kann. Nun wurde mir ein Link zu obiger Sendung zugeschickt mit dem Hinweis, das sich Hajo Schumacher feminismuskritisch äußern würde und so habe ich eine Ausnahme gemacht.
Substanziell ist für die meisten sicher nichts Neues dabei, es wurden ein paar Punkte erwähnt, die vernünftig waren. Es wurde z.B. darüber gesprochen, das Jungen ganz anders mit (Trauer-)situationen umgehen als Mädchen. Ein Junge hat sich große Sorge um seine Mutter gemacht, die sofort kommen wollte. Er wollte das nicht, sondern lieber, das die Mutter Mittagessen kocht, was sogar Anne Will positiv herausstellte und als verantwortungsvoll betrachtete.
Der Rektor meinte, das die Jungen viel eher zur Sachlichkeit zurück kehren wollten als Mädchen, als ständig in Wunden herum zu wühlen.
Am interessantesten aus unserer Sicht war sicher Hajo Schumacher. Er glaubt, das die Menschen gerade den Fehler machen würden, eine ganze Generation von Jungens zu dissen, wie man es manchmal nennt. Er selbst erlebt seinen eigenen Sohn und deren Freunde als einen wunderbaren Haufen von Menschen. Diese wären großartig und hätten unglaublich viele Ideen und Energien. Wir würden über diese gerade so reden, als wenn sie alle potenzielle Killer wären, nur weil sie am Computer spielen würden.
Er habe am Wochenende gelesen, das der Täter von Winnenden gerade am Abend vorher am Computer gesessen hätte, aber wie viele Millionen Kinder hätten das auch gemacht und nichts getan.
Er möchte um Gottes Willen keine Feminismusdebatte führen, damit wäre er groß geworden und die hätte ihn 30 Jahre lang gequält, aber er glaubt, das Jungens inzwischen in der Schule nicht mehr die Patriarchen oder Unterdrücker, die Bösen und Machos wären, sondern alle Studien, es wäre ja gerade am Wochenende wieder eine veröffentlicht worden, würden besagen, Mädchen hätten nicht nur aufgeholt, sondern wären inzwischen von den Leistungen, Noten und von allem her besser. Jungs würden seiner Wahrnehmung nach häufig ganz einfach ein bischen Anerkennung fehlen und zu sagen, hey ihr seid ganz einfach okay, wäre sehr wichtig.
Anne Will fragt daraufhin Hajo Schumacher, ob er auch meint, Jungens wären die Bildungsverlierer. Schumacher will das nicht so dramatisieren, bezieht sich aber auf die Studie des „Aktionsrates Bildung“, in dem stehen würde, das Mädchen im Zweifel immer die bessere Note erhalten würden und bei Jungens ginge es nach unten. Wenn Mädchen frech wären, dann gelte das als super selbtbewußt und wenn Jungens frech wären, dann gelte das als schlecht erzogen. Er findet es allerdings toll, das es den GirlsDay gibt und das die Mädchen aufgeholt hätten, aber jetzt müsse man auch mal wieder die andere Seite sehen. Es ginge nicht darum, diese gegeneinander aus zuspielen, das hätte man jahrelang gemacht. Er fände es toll, wenn man wieder auf eine Höhe kommen würde und wie bereits gesagt, die Jungens bräuchten ebenfalls Anerkennung und das nicht nur am Computer oder in der Schule sondern auch bei Sport, bei Musik und beim Miteinander – das mit den Computerspielen wäre zu einfach gedacht.
Danach wird ein Film zur Waffenthematik eingestellt, der mMn ausgewogen ist. Ein Mann wird z.B. gefragt, ob den Kindern und Jugendliche denn erklärt würde, was Waffen sind oder bedeuten und er sagt, das dieses selbstverständlich klar vermittelt würde.
Zur Sprache gebracht wurden auch Jene, die still und kaum wahrnehmbar wären und das dieses wohl die Gruppe darstelle, die am meisten vernachlässigt würde. Um die Lauten würde man sich automatisch kümmern, weil ja nichts anderes übrig bliebe. Ich denke mir, das eine permanente Überforderung für diese Situation verantwortlich ist. ImMANNdat-Forum hat der User „KdN“ gerade heute ein paar interessante Zahlen aus dem FOCUS dazu hinterlegt.
Ich bin davon überzeugt, das nicht nur Mütter größtenteils überfordert sind. Sie erziehen immer noch überwiegend die Kinder, teilweise gesetzlich sanktioniert, sondern auch Lehrerinnen, die ebenfalls gerade in Kindergarten, Kitas und Schulen die Mehrheit stellen.
Neben Hajo Schumacher haben mir die Elternbeiratvorsitzende und der Rektor des Lessing-Gymnasium aus Winnenden gefallen. Da wurde nicht dumm geschwätzt und man merkte, das hier Menschen mit praktischer Erfahrung redeten. Aus meiner Sicht hat es der Sendung gut getan, das keiner der sonst geladenen Politiker zugegen war und Populismus deshalb außen vor geblieben ist. Die Sendung war ruhig und sachlich, die Tiefe hat zwar gefehlt, aber diese wird in solchen Sendungen wohl nicht zu vermitteln sein. Wer sich die Sendung anschauen will, hier der Link. (Funktioniert leider nicht mehr)
Link
Studie vom Aktionsrat Bildung
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