Ein Vater wollte für die Berechnung des Ehegattenunterhalts den in der Düsseldorfer Tabelle genannten Betrag abziehen. Der BGH hatte am 27.05.2009 mit Az: XII ZR 78/08 in einem Urteil festgehalten, das dieses durch die Reform des Unterhaltsrechts im Jahr 2008 nicht rechtens sei und nur der Zahlbetrag abgezogen werden darf. Der Kindesunterhalt sei durch den geänderten § 1612b BGB als eigenständiges Einkommen definiert worden stelle deshalb keine Benachteiligung für einen Barunterhaltspflichtigen dar. Durch diese Gesetzesänderung dürfe der hälftige Anteil des Kindergeldes bei der Berechnung des Ehegattenunterhalt nicht abgezogen werden. Das BVerfG hat eine Klageabweisung vorgenommen.
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Hälftiger Kindergeldbetrag wird Ex-Frau zugerechnet
Änderungen der neuen Unterhaltsleitlinien
Ich möchte direkt am Anfang betonen, das nachfolgende Ausarbeitung nicht von mir stammt, die Quelle wird am Ende genannt. Der Autor hat mir die Veröffentlichung in meinem Blog erlaubt.
Veränderungen in den neuen Unterhaltsleitlinien 2010
Die meisten Leitlinien zum Unterhalt sind nun auch draussen. Wer geglaubt hat, darin würde sich nichts ändern weil die Alten erst vor einem Jahr erschienen sind, wird enttäuscht werden. Die OLGs haben die Chancen der Unterhaltserhöhung kräftig ausgenutzt, um eine Menge weiterer Änderungen zu verkünden. Ich greife mal ein paar davon anhand der Leitlinien des OLG Hamm raus („der Hammer“):
- Es steht jetzt ausdrücklich drin, dass Tilgungsleistungen für die Wohnung bei Kindesunterhalt nicht berücksichtigt werden, wenn kein Unterhalt bezahlt werden kann. Die Richter erzwingen damit einen Crash der Finanzierung der eigenen Wohnung. Wer Mieter ist, wird somit bevorzugt (Punkt 5.4.).
- Wer während der Ehe gut für sein Alter vorsorgt, muss diese Vorsorge bei der Scheidung reduzieren, um mehr Unterhalt bezahlen zu können (Punkt 10.1). Die gute Vorsorge zu Ehezeiten wird Dank dem Versorgungsausgleich und seiner gesetzlichen Verschärfung zum 1.9.2009 auch zerschlagen.
- Der Kindergartenbesuch ist jetzt ausdrücklich Mehrbedarf (10.3). Was mich aber durchaus verwundert, denn der BGH hat alle Betreuungskosten dazu erklärt und die Jugendämter haben danach sofort Anweisung bekommen, in ihren Titulierungen immer von „Betreuungskosten“ und nicht nur „Kindergartenkosten“ zu schreiben, um aus möglichst vielen Konstellationen das Maximum an Unterhalt herauszuholen.
- Der Zwang zur Insolvenz, damit möglichst viel Unterhalt bezahlt werden kann ist jetzt enthalten. Falls das nicht möglich ist, dürfen höchstens die Kreditzinsen berücksichtigt werden (10.4.2).
- Nur die Zahlbeträge, nicht die Tabellenbeträge des Kindesunterhalts werden beim Ehegattenunterhalt und auch beim Erwerbstätigenbonus berücksichtigt: Somit wird das (nicht einmal ausgezahlte!) Kindergeld zur Finanzierung des Ehegattenunterhalts herangezogen (11.2.2.). Das war bisher umstritten, der BGH hat es -wie erwartet- zuungunsten des Pflichtigen festgeschrieben.
- Damit auch alles schön einfach ist, wird in Kapitel 15.2. neben Quoten, Halbteilungsgrundsätzen, Erwerbstätigenbonussen, der Differenzmethode, der Additionsmethode nun auch die Anrechnungsmethode beim Ehegattenunteralt eingeführt. Sicherlich wird auch bald die Anwaltspflicht auf zwei Anwälte pro Fall erweitert, denn ein Anwalt reicht angesichts der Komplexität der Materie nicht aus. Damit niemand einen Nachteil erleidet, sind somit zwei Anwälte erforderlich. Alles wird besser!
- In Punkt 15.6. werden auf einer halben Seite die Winkelzüge ausgebreitet, die bei mehreren unterhaltsberechtigten erwachsenen Berechtigten im gleichen Rang (Ehegatten, Müttern etc.) eine Unterhaltsberechnung darstellen sollen. Das basiert auf einem neuen Höhepunkt der kafakaesken Rechtssprechung des BGH letztes Jahr. Macht auf das Fass, den Spund macht weit!
- Beweislastnachteil für den Unterhaltspflichtigen: Das Fehlen ehebedingter Nachteile muss nachgewiesen werden (15.7.), nicht ihre Existenz. Betont wird die Einhaltung von Mindestbeträgen beim Unterhalt trotz Gründen für Unterhaltssenkungen. Der Berechtigte soll unter gar keinen Umständen Geld vom Staat verlangen können, sondern sich immer zuerst an den Pflichtigen halten können.
- Punkt 17.1.1 fügt noch einmal ein halbe Seite an: Hier geht es um die Frage, wann wieder Erwerbstätigkeit vom Unterhaltsberechtigten erwartet werden kann. In klarem Bruch der neuen Gesetze versuchen die Richter wieder ein Altersphasenmodell durch die Hintertür einzuführen, indem doch wieder ein konkretes Alter genannt wird: „Die Mehrheit der Senate geht davon aus, dass bei Berücksichtigung der vorstehenden Kriterien eine vollschichtige Erwerbsobliegenheit neben der Betreuung eines Kindes unter 10 Jahren nur selten in Betracht kommt und auch danach die Umstände des Einzelfalles entgegen stehen können.“. Der Rest ist grässlich unkonkret langatmiges Geschwafel, das möglichst viele Möglichkeiten zur Unterhaltsverlängerung offenhält. Solche Trickkisten sind nichts weiter als Hinweiskataloge für Amtsrichter und Anwälte, was man probieren kann. Sie werden grundsätzlich zu Ungunsten von Pflichtigen angewendet.
- Krankenversicherungskosten beim Unterhalt für nichteheliche Mütter werden jetzt ausdrücklich als Extrabedarf genannt – eine nette kleine Unterhaltserhöhung von 100 bis 400 EUR pro Monat (Punkt 18). So richtig sauteuer wird es für einen Vater, wenn er mit einer Selbständigen ein Kind zeugt.
- Interessant: Der Selbstbehalt beim Kindesunterhalt wird gesenkt, wenn der Pflichtige nur teilweise erwerbstätig ist (Punkt 21.2). Das ist der Hammer, denn die 900 EUR sind u.a. dazu da, um den Mehraufwand der durch die Arbeitstätigkeit besteht auszugleichen und der ist bei Teilzeit kaum geringer. Ein Auto muss man auch bei Teilzeit besitzen, um zur Arbeit zu kommen.
- Unterhaltspflichten von Kindern gegenüber Eltern und von Grosseltern gegenüber Enkeln werden nun aufgeführt. Wo kann man noch was holen, wenn die Väter restlos ausgepresst und kaputtgemacht sind? Bei der Sippe, die gute alte Sippenhaft lässt sich auch dafür instrumentalisieren. Ergo wurde bei den Grosseltern der Selbstbehalt kräftig reduziert, er ist nun nur noch so niedrig wie zwischen Ex-Ehegatten oder zwischen Vater und nichtehelicher Mutter: Zwischen 935 und 1000 EUR. Grosseltern sind damit nun voll in die Unterhaltsspirale einbezogen. Ein grosser Schritt. Ebenfalls ein grosser Schritt: Ehegatten der Pflichtigen sind nun auch indirekt voll einbezogen, verdienen sie mehr wie 1050 EUR, so wird der Selbstbehalt des Pflichtigen gesenkt. Die neue Frau, die der verwitwete Opa geheiratet hat zahlt dann indirekt Unterhalt für jemand, mit dem sie nicht einmal verwandt ist.
- Der Selbstbehalt gegenüber Ehegatten oder Nichtehelichen wird um ca. 7% gesenkt und beträgt jetzt statt 1000 EUR nur noch 935 EUR, wenn der Pflichtige nicht erwerbstätig ist. Das betrifft z.B. besonders oben genannte Grosseltern, die nur Rente beziehen (21.4.1.) und auch Väter, die nicht verheiratetet waren, Betreuungsunterhalt zahlen müssen und unverschuldet arbeitslos geworden sind. Im Jahre 2004 hatten sie noch 1100 EUR, heute noch 1000 EUR und für einige Gruppen nur noch 935 EUR. Soviel zum Thema „Unterhaltsentwicklung“ und „Entwicklung der Selbstbehalte“ seitens unserer gut besoldeten Beamtenrichterinnen und -richtern mit Pensionsanspruch.
Fazit: Es quillt aus allen Ecken heraus, wie extrem der Druck ist, nach den allerletzten Cents zu greifen, die irgendwo noch zu holen sein könnten, um Regeln so weit zu verbiegen wie es nur irgend geht damit noch etwas extra abzupressen ist. Die Krallenhand der Richter greift nach Opa, nach Unbeteiligten, kratzt an Selbstbehalten, raubt auch noch den läpprigen Rest des nicht einmal ausgezahlten halben Kindergeldes. Die Leitlinien sind wie die Düsseldorfer Tabelle zur reinen Mangelverwaltung verkommen, die jährlich immer länger, immer ausgreifender und immer wortreicher werden. Der Krebs „Unterhaltsrecht“ wächst schnell und metastasiert noch schneller, seine Strategie bei versagenden Organen des Wirts ist der Befall anderer Organe.
Sichtbar ist auch, wie gross die Veränderungen sind, die die Richter (allen voran die vom BGH) verkünden. Sie übertreffen meiner Ansicht nach im Effekt auf Pflichtige die Wirkung der letzten Unterhaltsrechtsreform vom 1.1.2008. Sie übertreffen sie ganz sicher, wenn man die massiven Verschlechterung zu Lasten der Pflichtigen einbezieht, die mit dem 1.9.2009 in Kraft getreten sind: Anwaltspflicht im kompletten Unterhaltsrecht, Verstärkung der Totschlagmethode einstweiliger Verfügungen, verschärfter Versorgungsausgleich und einen Sack voller weiterer Juristenwaffen hoher Durchschlagskraft. Seit 1977 hat sich nicht mehr so viel getan, es sieht ganz danach aus, dass die Ressource „Unterhaltspflichtiger“ mit Wirtschaftskrise, fetter Erhöhung, Lohnsenkungen nicht mehr stärker beerntbar ist und die Juristen explosionsartig hektische Aktivitäten entwickeln, um das durch weitere Ausweitung zu überspielen. Wenn die Insel sinkt, wird man hektisch, baut Dämme und Türme.
http://www.famrb.de/unterhalt.htm
Hamm: http://www.olg-hamm.de/service/hammer_leitlinie/HLL_2010.pdf
Unterhaltsvorschuss und KG werden erhöht
Kabinett beschließt mehr Entlastung für Familien ab 2010
Den meisten Eltern steht ab Januar 2010 mehr Geld zur Verfügung. Mit der Erhöhung des Kindergeldes und der Kinderfreibeträge möchte die Bundesregierung Familien finanziell spürbar entlasten.
[..]Das Kindergeld wird für jedes Kind um 20 Euro angehoben. Eltern werden ab Januar 2010 monatlich für das erste und zweite Kind je 184 Euro, für das dritte Kind 190 Euro und für das vierte und weitere Kinder 215 Euro bekommen. Die Freibeträge für Kinder steigen von 6.024 Euro auf 7.008 Euro.
Angehoben wird auch der Unterhaltsvorschuss: Alleinerziehende, die vom anderen Elternteil keinen oder keinen regelmäßigen Unterhalt für ihre Kinder bekommen, können Unterhaltsvorschuss erhalten. Er steigt für Kinder im Alter von bis zu 5 Jahren von 117 Euro auf 133 Euro und für Kinder von 6 bis 11 Jahren von 158 Euro auf 180 Euro [mehr]
Nur zur Information.
Nachtrag
Amtliche Düsseldorfer Tabelle 2010
Änderungen der neuen Unterhaltsleitlinien 2010
Kindergeld nicht an Sorgerecht gebunden
BUNDESFINANZHOF
Ist ein Kind getrennt lebender Eltern auf eigenen Entschluss von dem Haushalt eines Elternteils in den Haushalt des anderen Elternteils umgezogen, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass der andere Elternteil –auch wenn er nicht sorgeberechtigt ist– das Kind i.S. des § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG in seinen Haushalt aufgenommen und damit Anspruch auf Auszahlung des Kindergeldes hat, wenn das Kind seit mehr als drei Monaten dort lebt und eine Rückkehr in den Haushalt des sorgeberechtigten Elternteils nicht von vornherein feststeht.
EStG § 64 Abs. 2 Satz 1
Urteil vom 25. Juni 2009 III R 2/07 [hier]
Bemerkenswert ist in diesem Fall nicht nur der Umstand, das ein nichtsorgerechtigter Vater das Kindergeld erhält. Der Wehrmutstropfen ist allerdings, das ein Kind 3 Monate beim anderen Elternteil leben muss, damit ein Anspruch besteht.
Wesentlich interessanter ist aus meiner Sicht die Begründung der Klägerin, die dem Wechsel des Kindes in den Haushalt des Vaters nicht zugestimmt hatte und dieses einer Kindesentziehung gleichstellte. Dieser Ansicht ist der Bundesfinanzhof nicht gefolgt.
[..]c) Nicht anwendbar sind hingegen die Grundsätze, die der BFH für Kindesentführungen in das Ausland aufgestellt hat (vgl. BFH-Urteile vom 19. März 2002 VIII R 62/00, BFH/NV 2002, 1146 und VIII R 52/01, BFH/NV 2002, 1148; vom 30. Oktober 2002 VIII R 86/00, BFH/NV 2003, 464). Denn der auf einem Entschluss des Kindes beruhende Umzug von einem zu dem anderen Elternteil kann mit einer Entführung des Kindes nicht gleichgesetzt werden.
Na, da können Väter ja glatt beruhigt sein, das ein freiwilliger Umzug eines Kindes keiner Kindesentführung gleichgesetzt wird 😉
Nachtrag
Ein paar Fakten für Diejenigen, welche das Urteil nicht lesen wollen (es ist allerdings ausnahmsweise mal kurz gehalten): Das Kind war beim Wohnungswechsel zum Vater bereits 15 Jahre alt und die Forderung betraf lediglich 5 Monate. Der Rechtsstreit hingegen dauerte 4,5 Jahre.
Hätte der Vater das Geld bei der Mutter einklagen müssen, wäre ihm wohl kaum Erfolg beschieden gewesen. Da in diesem Fall allerdings der Staat involviert war, sah es ausnahmsweise mal anders aus 🙂
Unterhaltsvorschuss senkt Hilfebedürftigkeit
hib-Meldung • 172/2009 • Datum: 04.06.2009
Familie/Antwort
Berlin: (hib/SKE) Eine alleinerziehende Mutter mit einer vierjährigen Tochter muss ein Bruttomonatseinkommen in Höhe von 1.516 Euro haben, um einschließlich Kindergeld, Wohngeld, Unterhaltsvorschuss und Kinderzuschlag nicht auf „Hartz IV“ angewiesen zu sein. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (16/12643) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (16/12331) hervor. Das verfügbare Einkommen von Mutter und Tochter würde demnach 1.412 Euro betragen.
Ohne Unterhaltsvorschuss könnte die Mutter laut Regierung eine entsprechende Hilfebedürftigkeit bei einem Bruttoverdienst in Höhe von 1.769 Euro vermeiden. Die Linksfraktion hatte ihrer Anfrage eine Berechnung der Arbeitnehmerkammer Bremen zugrunde gelegt, derzufolge insbesondere Alleinerziehende Schwierigkeiten haben, ohne den Bezug von Arbeitslosengeld II auszukommen [hier]
Unten noch der in den PDFs genannte Beitrag der Arbeitnehmerkammer.
Link
Erwerbstätige Alleinerziehende in den Fängen von »Hartz IV«
Wesentliche Gesetzesänderungen im Jahr 2009 für Familien
Ursula von der Leyen: „Auch im kommenden Jahr (2009) hat Familie in Deutschland Konjunktur“
Erhöhtes und gestaffeltes Kindergeld, neue Steuervorteile für haushaltsnahe Dienstleistungen, Bundesförderung für mehr Tagesmütter und Kita-Personal: Start in 2009
Die Bundesregierung baut ihre Unterstützung für Familien im kommenden Jahr weiter aus. Mit dem Familienleistungsgesetz werden Familien mit Kindern ganz gezielt finanziell gefördert und steuerlich entlastet. Außerdem tritt das Kinderförderungsgesetz in Kraft. Es beschleunigt den Ausbau eines qualitativ hochwertigen Betreuungsangebotes und eröffnet so den Eltern echte Wahlmöglichkeiten. Ein neues Modellprogramm gibt wertvolle Impulse für generationenübergreifendes Freiwilliges Engagement. Hinzu kommen die Großelternzeit zur Unterstützung von jungen Eltern bei der Betreuung ihrer Kinder und die deutliche Aufstockung des Programms „Schulverweigerung – Die 2. Chance“.
„Auch 2009 werden wir Familien in Deutschland ganz gezielt dort helfen, wo der Schuh am meisten drückt“, sagt die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ursula von der Leyen. „Wenn wir klug und nachhaltig in die Zukunft und Stabilität unseres Landes investieren wollen, dann sind die Bildung unserer Kinder und die Unterstützung von Familien mit älteren pflegebedürftigen Angehörigen eine lohnende Anlage. Sie bilden das soziale Kapital der Gesellschaft, das sich über Generationen hinweg neu verzinst.“
Hier geht es weiter im BMFSFJ zu Wesentliche Änderungen ab dem 1. Januar 2009 im Überblick
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