Der Mythos von der hohen Moral der Richter

Nicht nur Jörg Kachelmann durfte in seinem Prozess erfahren, dass Moral und Justiz nicht zueinander pas­sen. Horst Arnold hat ebenfalls an Recht und Gerech­tigkeit (=Moral?) geglaubt, bis er leider eines besse­ren belehrt wurde und seinen Glauben an die Justiz letzt­end­lich mit dem Leben bezahlen musste. Es ha­gelt zwar ge­nügend Kritik am deutschen Justizsys­tem, aber davon lässt sich Dieselbe nicht beeindrucken, wie unten stehender Be­richt zeigt.

Der Tiefschlaf richterlicher Selbstzufriedenheit wird selten gestört. Kritik von Pro­zess­parteien, Anwälten und Politikern prallt an einem Wall gutorganisierter und funk­tionierender Selbstimmunisierungsmechanismen ab. Die Kritik von Anwälten und Prozessparteien wird regelmäßig als einseitig zuruckgewiesen, die von Journalisten mangels Fachkompetenz nicht ernst genommen und die von Politikern als Angriff auf die richterliche Unabhängigkeit denunziert.

Es ist ein Phänomen unserer Mediendemokratie, dass ein Berufsstand, der über eine so zentrale politische, soziale und wirtschaftliche Macht verfügt wie die Richter­schaft, sich so erfolgreich dem Prüfstand öffentlicher Kritik entzogen hat. Dabei hat die Richterschaft allen Anlass, in eine kritische Auseinandersetzung mit sich selbst einzutreten. Die Rechtsprechung ist schon seit langem konkursreif. Sie ist teuer, nicht kalkulierbar und zeitraubend. Nur noch 30 Prozent der Bevölkerung haben volles Vertrauen zur Justiz.

Der Lotteriecharakter der Rechtsprechung, das autoritäre Gehabe, die unverständ­liche Sprache und die Arroganz vieler Richter (innen) im Umgang mit dem rechtsu­chen­den Bürger schaffen Misstrauen und Ablehnung. Darüber hinaus signalisieren viele Gerichtsentscheidungen eine Geisteshaltung, die tendenziell frauen‑, gewerk­schafts‑ und ausländerfeindlich ist.

Das Sozialstaatsprinzip ist in der Rechtsprechung zur kleinen Schwester des großen Bruders Rechtsstaat verkümmert. Die Verwaltungsgerichte, insbesondere die Ober­ver­waltungsgerichte, entscheiden im Zweifel für den Staat und gegen den Bürger. Manche Oberverwaltungsgerichte (z. B. das Oberverwaltungsgericht Lüneburg) ha­ben sich zu einer Wagenburg der Obrigkeit entwickelt.

Für viele Strafrichter ist der Strafprozess noch immer ein „Gesundbrunnen“ und das Eigentum wichtiger als Gesundheit und Leben. Das Fortbildungsinteresse von Richtern ist schwach ausgeprägt und nur dann zu fördern, wenn ein „anständiges“ Beiprogramm die Mühseligkeit der Fortbildung versüßt. Insbesondere sozialwissen­schaftlichen, psychologischen und kriminologischen Erkenntnissen begegnet die Richterschaft in ihrer überwiegenden Mehrheit mit erschreckender Ignoranz und greift statt dessen lieber auf Alltagsweisheiten und Stammtischwahrheiten zurück.

Das berufliche Fortkommen hat einen hohen Stellenwert und prägt im Wege des vor­auseilenden Gehorsams die Inhalte der Entscheidungspraxis. Eine hohe Erledi­gungs­ziffer gilt im Kollegenkreis immer noch als Nachweis besonderer Befähigung. Eine Kritik in einer Fachzeitschrift wird allemal ernster genommen als die von Prozesspar­teien. Die Aufhebung eines Urteils durch die höhere Instanz wird als tadelnde „Schul­note“ missverstanden. Nicht wenige Richterkollegen beurteilen den Wert ihrer richter­lichen Arbeit nach der Anzahl ihrer Aufhebungen.

Politisch steht der Feind ‑ insbesondere bei den Obergerichten ‑ weiterhin links und nicht rechts. Es ist sicherlich kein Zufall, dass die erstinstanzlichen Zuständigkeiten in politischen Strafsachen und bei Großprojekten bei den Oberlandesgerichten be­ziehungsweise Oberverwaltungsgerichten angesiedelt worden sind. Bei den Oberge­richten hat Bismarck bis heute gesiegt. Die Sonderrichter im Dritten Reich sind mit demselben Qualifikationsbegriff groß geworden wie die Richter von heute.

In der Personalförderung wird immer noch der Rechtstechnokrat und Paragraphenrei­ter bevorzugt, der mit einem konservativen Staatsverständnis ausgestattet, wendig und anpassungsfähig, mit schwach ausgeprägtem Rückgrat an seiner Karriere bas­telt. Der Richtertyp hingegen, der menschlich empfindsam und unabhängig sein Amt wahrnimmt, der sich sozial engagiert und sich dazu bekennt, hat in der Perso­nalpo­litik wenig Chancen. Dies muss geändert werden. Neue Richterinnen und Richter braucht das Land. Es wird Zeit, daß hierüber eine öffentliche Diskussion einsetzt.

Wolfgang Neskovic – seinerzeit Vorsitzender Richter am Landgericht Lübeck, da­nach Richter am Bundesgerichtshof und derzeit Mitglied des Deutschen Bundesta­ges in der Fraktion der PDS/Die Linke

Quelle: Zeitschrift für anwaltliche Praxis (ZAP) vom 25.7.1990, S. 625

Anmerkung: Es bedarf keiner Hervorhebung, daß Neskovic mit seiner Kritik recht hat.

Die ZAP sticht aus den juristischen Zeitschriften positiv hervor. Sie ist nicht nur für den Bereich der Rechtsanwaltspraxis unverzichtbar. Wesentlich geprägt wurde sie durch Dr. Egon Schneider, langjähriger Richter am Oberlandesgericht Köln und nach seiner Pensionierung als Rechtsanwalt tätig. Lübeck Kunterbunt

Dazu passt dann auch das Zitat von dem mittlerweile verstorbenen Richter Ulrich Vultejus:

«Ich bin in Strafverfahren gegen Frauen immer wieder in Schwierigkeiten geraten und habe mich deshalb jeweils gefragt, welche Strafe würde ich gegen einen Mann bei derselben Anklage verhängen und auf diese Strafe alsdann abzüglich eines ‚Frauenrabatts‘ erkannt. […]

Ähnlich scheinen es auch meine Kollegen zu handhaben. […]

Ein Frauenrabatt ist gerechtfertigt, weil es Frauen im Leben schwerer haben und Strafen deshalb bei ihnen härter wirken.»

Ein anderer ehemaliger Richter hat ebenfalls seinen „Unmut“ über die Zustände in der Justiz geäußert.

Frank Fahsel, Fellbach

„Ich war von 1973 bis 2004 Richter am Landgericht Stuttgart und habe in dieser Zeit ebenso unglaubliche wie unzählige, vom System organisierte Rechtsbrüche und Rechtsbeugungen erlebt, gegen die nicht anzukom­men war/ist, weil sie systemkonform sind. Ich habe unzählige Richterin­nen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte erleben müssen, die man schlicht „kriminell“ nennen kann. Sie waren/sind aber sakro­sankt, weil sie Par Ordre Du Mufti gehandelt haben oder vom System gedeckt wurden, um der Reputation willen. […]

In der Justiz gegen solche Kollegen vorzugehen, ist nicht möglich, denn das System schützt sich vor einem Outing selbst – durch konsequente Manipulation. Wenn ich an meinen Beruf zurückdenke (ich bin im Ruhe­stand), dann überkommt mich ein tiefer Eckel vor ‚meinesgleichen.

Weitere Zitate von und über Juristen findet man auf Rechtsbeugermafia Justiz zum einen und hier auf einer anderen Seite.

WikiMANNia: Rechtsbeugung · Rechtsprechung · Justiz (Zitate)

2 Kommentare.

  1. Hallo,

    mich würde interessieren, was Ihr mit eurer Hetze gegen die Justiz ggf. gegen die Politik (die den bekannten Machenschaften der Justiz keinen Riegel vorschieben will (Konglomerat?)) erreichen möchtet. Was ist euer konkretes Ziel?

    Während Ihr hier nur nutzlos herumschimpft, maßt sich Fr. Merkel an, die Justiz und Politik anderer Länder anzuprangern, weißt die BRD weiterhin als Rechtsstaat aus und verhöhnt, … somit Justizopfer und Leute wie euch.

    Ich bin selbst Justizopfer bzw. empfinde mich als Oper eines Justizverbrechens und bezeichne meine Gefühlswelt als hasserfüllt, eben weil diesem BRD-Regime nicht Herr zu werden ist.

    Viele Grüße, Uwe

    • Hallo Uwe,

      irgendwie verstehe ich Deinen Kommentar nicht. Du schreibst selbst, dass Deine Gefühlswelt hasserfüllt ist und wirfst mir gleichzeitig Hetze vor. Dabei benenne ich in diesem Beitrag lediglich Fakten und werde an keiner Stelle ausfallend oder beleidigend.

      Du fragst nach unserem konkreten Ziel? Diese Frage ist einfach zu beantworten: Fakten bekannt machen, die in den Mainstreammedien (MSM) selten behandelt werden. Das die Leitmedien ihrem Niedergang entgegen sehen, spricht sich mittlerweile herum. Viele Blogs erfüllen mittlerweile eher den Auftrag der Aufklärung, als es die MSM je tun könnten, weil sie mittlerweile höheren Zielen verpflichtet sind, als ihrem eigentlich gesetzlichen Grundauftrag.