Mit einem heute beschlossenen Gesetzentwurf will der Bundesrat Änderungen beim gerichtlichen Kostenrecht erreichen. Zukünftig soll auch in zivilrechtlichen Berufungsverfahren eine Gebührenvorauszahlungspflicht eingeführt werden. Dies ist bisher nur in der ersten Instanz Voraussetzung für die Durchführung eines Gerichtsverfahrens. Mit der vorgeschlagenen Neuregelung wollen die Länder verhindern, dass die unterlegene Partei Berufung nur deshalb einlegt, um die Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils zu verhindern – ohne tatsächlich an der Überprüfung durch das Berufungsgericht interessiert zu sein. Ziel der Bundesratsinitiative ist es, die Belastung der öffentlichen Haushalte durch Zahlungsverzögerungen und Gebührenausfälle zu mindern. Für finanziell bedürftige Parteien sieht der Entwurf Sonderregelungen vor.
Außerdem will der Bundesrat verhindern, dass Parteien eines Gerichtsverfahrens durch Zahlung unbegrenzt hoher Zusatzhonorare Einfluss auf Sachverständige oder Dolmetscher nehmen können. Die Möglichkeit von Zuzahlungen durch Verfahrensbeteiligte besteht seit Ende des Jahres 2006 und soll nach dem Willen der Länder wieder aufgehoben werden. Sie sei ungerecht gegenüber finanzschwachen Parteien. Da Kontrollmechanismen fehlten, bestehe Missbrauchsgefahr, so der Bundesrat [mehr]
Drucksache 38/10 (Beschluss)
Dazugehöriger Gesetzesentwurf: Drucksache 86/07 „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Vorauszahlungsverpflichtung der Gebühren für das Berufungsverfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sowie zur Änderung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes – 25 Seiten – [hier]
Ehrlich gesagt, verstehe ich den Gesetzesentwurf nicht so ganz. Vorauszahlungen müssen bereits jetzt geleistet werden, aber zukünftig will man anscheinend erst einmal auf Grund des Streitwertes die kompletten Gebühren einziehen, auch wenn sich im Nachhinein feststellen sollte, das diese nicht gerechtfertigt sind. Da es im Gesetzesentwurf um Zivilprozesse geht und das Familienrecht darunter fällt, trifft dieses mal wieder besonders die Väter. Das Rechtsanwälte Gebühren gerne hochtreiben, ist ja bekannt. Schon jetzt ist es für viele Väter schwierig, eine Berufung auf Grund der selten vorhandenen, finanziellen Ressourcen einzuleiten. Nach meiner Auffassung wird das in Zukunft also noch schwieriger werden. Sollten meine Annahmen nicht stimmen, bitte ich um einen entsprechenden Kommentar. Vielleicht ist ja unter meinen Lesern ein Rechtskundiger, der ein bischen helfen kann.
Ich bin mir nicht sicher, ob die Änderungen für Scheidungsverfahren überhaupt Relevanz besitzen. In Familiensachen nach dem FamFG gibt es keine Berufung, sondern nur die Beschwerde. Da der Artikel und auch der verlinkte Beschluss des Bundesrates nur von der Berufung sprechen, gehe ich davon aus, dass die Änderungen für Familiensachen (Scheidung, Unterhalt ..) keine Relevanz besitzen.
Die Kosten für ein Gerichtsverfahren werden durch diese Gesetzesänderung nicht verändert. Und auf die Anwaltsgebühren hat die Änderung auch keine Auswirkungen.
Bisher war es so, dass in erster Instanz die Gerichtsgebühren bereits mit der Klageeinlegung – mit dem Antrag auf Scheidung bezahlt werden mussten.
In der Berufungsinstanz mussten die Gerichtskosten nicht im Voraus bezahlt werden, sondern erst nach dem Verfahren. Und zwar von der Partei, die im 2. Rechtszug unterlag.
Jetzt müssen die Kosten für die Berufungsinstanz auch bereits vor Einlegung der Berufung bezahlt werden. Wenn der Berufungskläger, also die Partei, die die Gerichtskosten im Voraus bezahlen musste, mit der Berufung Erfolg hat, bekommt sie diese Kosten später ersetzt. Der oder die Berufungsbeklagte muss diese Kosten dann nachzahlen.
Zusammenfassung: die Höhe der Kosten ändert sich nicht. Lediglich muss die Partei, die Berufung einlegt, die Gerichtskosten vorstrecken. Hat sie Erfolg, erhält sie die bezahlten Kosten zurück.
Hallo Seppo,
herzlichen Dank für die ausführliche Erläuterung 🙂
Gruß – Christine