„Die Jagd“ – Missbrauch mit dem Missbrauch

Diese Meinung vertritt zumindest Christiane Peitz, die eine Rezension des Films „Die Jagd“ für die Süddeut­sche und den Tagesspiegel geschrieben hat. Der Kinofilm wurde bereits 2012 beim Filmfestival in Cannes gezeigt. Er erhielt fünf Nominierungen (bester Film, beste Regie, Darsteller – Mads Mikkelsen, Drehbuch, Schnitt). Mads Mikkelsen wurde mit dem Darstellerpreis ausgezeichnet. Außerdem erhielt der Film in Cannes den Preis der ökumenischen Jury. Die Drehbuchautoren Tobias Lindholm und Vinterberg gewan­nen den Preis.

Die Auszeichnungen bedeuten natürlich nicht, dass der Film automatisch gut ist, denn Kunst liegt immer noch im Auge des Betrachters. Deshalb habe ich mir noch andere Artikel zu diesem Film angeschaut, weiter unten dazu mehr. Christiane Peitz war im übrigen die einzige, die den Film mehr oder weniger verrissen hat.

Thomas Vinterbergs Film „Die Jagd“
Die Sache mit dem Missbrauch

Vor 15 Jahren machte Dogma-Regisseur Thomas Vinterberg mit einem Inzest-Drama Furore. In seinem neuen Film „Die Jagd“ geht es erneut um Missbrauch – ein spannendes, aber zweifelhaftes Selbstjustizdrama.[..]

„Die Jagd“ ist ein Spielfilm, eine Fiktion.[..]

In diesem Zusammenhang erinnere ich an den auf Facebook eingestellten Aufruf zur Lynchjustiz, den mutmaßlichen Mörder einer 17-jährigen Schülerin totzuschlagen. Es versammelten sich vor der Polizeiwache tatsächlich Menschen, die dazu aufriefen, den 17-jährigen Schüler totzuschlagen. Kurze Zeit später stellte sich heraus, dass der Schüler nicht der Mörder sein konnte. Das der jungen Mann, der zu der Tat aufgerufen hatte, diese mittlerweile bereut hat und zu 14 Tagen Dauerarrest verurteilt wurde, ändert nichts an der Tatsache, dass Menschen bereit waren, einen anderen Menschen umzubringen, obwohl noch nichts bewiesen war. Wie Frau Peitz angesichts solcher Tatsachen von einer Fiktion sprechen kann, bleibt wohl ihr Geheimnis.

So viele Erwachsene, die so viele Fehler machen, man glaubt es nicht.

Wo Menschen arbeiten, werden Fehler gemacht. Besonders deutlich wurde dieses bei den Wormser Prozessen und dem Montessori Prozess. Das waren natürlich nur jene Prozesse, die es in die Öffentlichkeit geschafft haben.

Erst recht nicht die Kettenreaktion auf den fürsorglichen Reflex, mit dem jeder zu wissen meint, was Klara widerfahren ist, obwohl sie bald beteuert, sie habe nur etwas Dummes gesagt.

Wie viele Männer aus Kindergärten es getroffen hat, wissen wir leider nicht. Wie viele Männer sich schuldig bekannt haben, um der Öffentlichkeit zu entgehen, kann man auch nur erahnen. Fakt ist aber auch, dass der Mann, der maßgeblich zu den Urteilen bei den Wormser Prozessen  beigetragen hat, um den angeblichen Missbrauch der Verwandten an ihren Kindern zu untermauern, selbst ein Missbraucher war und durch die Entfremdung der Kinder seine eigene Pädophilie ausleben konnte.

Außerdem versäumt Vinterberg es, die Dimension zu verdeutlichen. Gewiss gibt es tragische Fälle von zu Unrecht Beschuldigten, aber es handelt sich nicht um den großen blinden Fleck in der Wahrnehmung sexueller Gewalt gegen Kinder, sondern um seltene Ausnahmen.[..]

Falschbeschuldigung ist also eine Ausnahme? Nun ja, durch Kindergartenkindern mag das in der Tat nicht gerade sehr oft vorkommen. Und das ein Kind selber so etwas hervor bringt, wird auch weniger passieren, eher sind da wohl Mütter die treibende Kraft, vor allen Dingen, wie wir alle wissen, in Sorgerechtsprozessen. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Kommentar in der Zeit, nachfolgend der letzte Satz:

Wenn etwas zu einseitig erscheint, dann vielleicht dass die Frauen im Film alle durchweg eine negative Rolle spielen und wesentlich für das Unglück, das sich entwickelt, verantwortlich sind.

Ansonsten wurde der Film im genannten Kommentar in den höchsten Tönen gelobt. Zurück zur Rezension.

Nichts gegen Popularisierung, sie kann helfen, Tabus und Schweigekartelle zu brechen. Aber wozu dienen die Mitleid erregenden „Jagd“-Bilder?[..]

Weil sie öfter vorkommen, als von Frau Peitz angenommen? Vielleicht findet so etwas in den skandinavischen Ländern sogar noch öfters statt oder anders ausgedrückt, es wird viel mehr darüber geschrieben? Da nur wenige Menschen – global gesehen – eine der skandinavischen Sprachen sprechen, können wir dazu kaum etwas sagen. Und ein Tabu gibt es immer noch in unserer Gesellschaft: Der Missbrauch und die Gewalt von Frauen gegen Kinder.

Lucas wird aus dem Supermarkt geprügelt und kehrt blutüberströmt zurück: Mads Mikkelsen als Märtyrer eines bigotten juste milieu, am Ende gar als Freiwild? Vinterberg wuchs in einer Kopenhagener Akademiker-Kommune auf, arbeitet er sich an den Ideologismen seiner Kindheitswelt ab?

Von was für einer Ideologie schreibt Christiane Peitz? Auch und gerade in den skandinavischen Ländern ist der Feminismus wohl die bestimmende Ideologie. Anscheinend ist der Regisseur, genauso wie der Schauspieler über Skandinavien hinaus bekannt. Das Thema ist offenbar auch für diese beiden Menschen von Bedeutung, warum sonst sollten ein bekannter Regisseur und ein bekannter Schauspieler sich auf so ein Thema einlassen?

Oder will er sagen, Männer, lasst die Finger von solchen „Frauenberufen“?

Wenn das eine von mehreren Intentionen des Regisseurs war, dann war sie auf jeden Fall nicht verkehrt.

Wäre unsere Gesellschaft opferfixiert, könnte ein derart drastischer Gegenplot einmal nicht schaden. Aber so ist es nicht.

Das war der beste Satz, ich wusste nur nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Unsere Gesellschaft ist also nicht opferfixiert und schon gar nicht unzählige Frauen. Ich habe mich gefragt, in welcher Welt lebt Christiane Peitz? Nicht umsonst wurde Opfer-Abo das Unwort des Jahres, auch wenn man immer noch nicht so genau weiß, warum das geschehen ist.

Thomas Vinterberg muss jedenfalls schon sehr an seiner Story herumschrauben, um solch spekulative Szenen zu konstruieren.

Von dem, was ich über den Film „Die Jagd“ gelesen habe, scheint er in großen Teilen realistisch zu sein. Das Frau Peitz diesen ablehnt, ist wohl eher der Tatsache geschuldet, dass Frauen mal nicht die Opfer sind, sondern einen gehörigen Teil mit dazu beitragen, die Jagd zu forcieren.

Mit „Das Fest“ hat er einen der besten Filme über Missbrauch und Verdrängung gedreht, lange bevor das Thema Konjunktur hatte. Diesmal betreibt er Missbrauch des Missbrauchs. Tagesspiegel

Ein Film des Regisseurs über Missbrauch und Verdrängung war also einer der besten. Ja klar, der passt ja auch in die Ideologie des Feminismus. Das Gegenteil davon scheint es in der Welt von Christiane Peitz nicht oder kaum zu geben, deshalb nennt sie es dann Missbrauch mit dem Missbrauch.

Interessant ist im übrigen folgende Artikelüberschrift beim DeutschlandfunkWir wissen nicht, ob es zu Unrecht beschuldigte Männer gibt„, den der Regisseur Thomas Vinterberg von sich gegeben hat. Er bezog das einzig auf die Tatsache, dass er keine Ahnung hat, ob es zu Unrecht verurteilte Männer gibt.

Die beste Rezension zu diesem Film habe ich auf dem Blog „man tau“ gelesen und wie ich gerade gelesen habe, hat Arne Hoffmann diesen Artikel ebenfalls gewürdigt. Alle anderen waren weniger wertend, sondern eher sachlich betrachtend.

Auf Spiegel-Online gab es einen wichtigen Kommentar, den ich gerade wegen der vorgefassten Meinung von Christiane Preitz nicht vorenthalten möchte:

#22· 26.03.2013 09:34 von frommerstop

es gab mal einen tollen

Zitat von hassan.claussen
Ich denke, einige der Kritiker haben den Film noch nicht gesehen und beziehen sich nur auf den Artikel. Das Maedchen hat einen grossen Bruder, der pornographische Bilder hat und nachdem das Maedchen eins zufaellig gesehen hat, hat sie das eben auf den Erzieher uebertragen. Den Rest haben dann die Verhoere der Erwachsenen ergeben.

Fernsehfilm zu dem Thema. Darin hat ein kleines Mädchen wahrheitsgemäss gesagt ; der papa hatte da vorne am Bauch so ein ding das hat gespritzt“ –dadurch war der Mann in Augen der Richterin schuldig. Später stellte sich heraus dass das Mädchen einen grossen Gummifisch meinte in den beim spielen im Meer Wasser eingedrungen war und wenn man ihn drückte kam das Wasser aus dem Ventil im Maul des Fisches raus. Da hatte aber sofortiges Kontaktverbot zur Folge und zwar über Monate und weil die Frau zu ihrem Mann hielt auch noch die Überstellung an eine Pflegefamilie Weil das Kindeswohl auf dem Spiel stand wurde den Eltern das Sorgerecht entzogen. Durch das Kontaktverbot entfremdete sich das kleine Kind von ihnen und sie bekamen das sorgerecht nicht zurück.

Auch Kommentar Nr. 27 auf der gleichen Seite zeigt, wie staats- bzw. rechtsgläubig viele Menschen sind. Ich kann solche Argumente allerdings insofern nachvollziehen, da ich früher selber mal zu den Rechtsgläubigen gehörte, die fest davon überzeugt waren, dass auf Gerichten Recht gesprochen wird.

Zu guter letzt hat Zeit-Online zwar nur ein Kurzvideo zum Film eingestellt, allerdings gab es dazu ebenfalls Kommentare. Nr. 5 aus dem Zeitlink:

FridericusMagnus – 30.03.2013 um 23:51 Uhr

5. Ein Meisterwerk!

Der Film ist vielschichtig und verbindet zahlreiche wichtige Themen, Kindesmissbrauch ist nur eines. Es geht auch um Vater-Sohn Beziehungen, tiefe Freundschaft unter Männern, Trennung, Ehekrisen, die fatale Rolle weiblicher Intuition und mütterlicher Schuldgefühle, die Unfähigkeit von Vorgesetzten, die sich verkrampft an Vorschrfiten halten, Männer in Frauenberufen, Körperlichkeit, Rache, Gemeinheit und Gewalt in einem Dorf und vieles mehr.
Ein großartiger Film mit Gesichtern aus dem Alltag. Wenn etwas zu einseitig erscheint, dann vielleicht dass die Frauen im Film alle durchweg eine negative Rolle spielen und wesentlich für das Unglück, das sich entwickelt, verantwortlich sind.

3 Kommentare.

  1. Letztens wurde die Aussage eines Chemnitzer Richters bekannt: „Die Wahrheit interessiert mich nicht!“ Warum auch? Viele Männer nehmen mittlerweile das Unrecht in Kauf, weil es für sie die ökonomischere Lösung ist. Sie wissen, dass sie gegen ein übermächtiges und nur gegen Männer gerichtestes System sich wehren müssten. Widerstand sinnlos, denn die sadistische Arroganz der feministischen Justiz macht sie gnadenlos nieder. Wir leben in keinem Rechtsstaat mehr. Die 3 Säulen der Gewaltenteilung sind längst miteinander verschmolzen. Wahrhaftig leben wir in einer femfaschistischen Diktatur, in der der Kindsmord rechtes ist und der Mann per Falschbeschuldig Täter. Es ist so widerlich!

  2. Thomas Rettig

    Kollektive Jagd auf einen vermeintlichen Kinderschänder

    Wie fühlt es sich an, wenn man zu Unrecht des sexuellen Missbrauchs beschuldigt wird? Dieser Frage hat sich der dänische Regisseur Thomas Vinterberg mit seinem neuen Epos ‚Die Jagd‘ gestellt.
    Dieser Film, der seit 28.03.13 in den deutschen Kinos läuft, ist ein Meilenstein, nicht nur weil er
    perfekt gemacht und spannend wie ein Hitchcock-Psychodrama ist. Auch nicht, weil nur eine
    Handvoll Verletzter und ein toter Hund zu beklagen sind. Nein, hier wird vielleicht zum ersten Mal die weibliche Schlüsselfigur weder als Opfer noch als omnipotente Kommissarin dargestellt, sondern als gründlich danebenliegende Profi-Pädagogin, die durch ihren Irrtum zum ursächlichen Problem, zur unfreiwilligen Täterin wurde. Obwohl auch Männer involviert sind, zeigt Filmemacher und Drehbuchautor Vinterberg in erster Linie, was weibliche Panikmache anrichten kann, wenn sie mit Schaudern und mit Freude an der Kriminologie als Hobby gepaart ist. Der feministische Spruch „Irren ist männlich“ ist heute schon so sehr Allgemeingut, dass man es irgendwie als ungehörig, als Sakrileg empfindet, wenn der Fehlgriff einer Frau zum Thema gemacht wird. Prompt haben mindestens zwei Kritiker den Film als „beinahe frauenfeindlich“ tituliert. Wenn dagegen Männer als Irrende, Versager oder Trottel hingestellt werden, stört es keinen.

    Hier geht es weiter https://femokratie.com/wp-content/uploads/2013/04/Thomas-Vinterbergs-Film-Die-Jagd-.pdf