Femokratie News 217-2011

Ein Dokument vollständig gescheiterter Politik
Am 3. August hat Roderich Egeler in Wiesbaden eine Pressekonferenz zum Thema „Wie leben Kinder in Deutschland“ abgehalten. Alles, was von dieser Pres­se­konferenz bei Medien angekommen zu sein scheint, ist: „Arm an Kindern, reich an Armen“ (Tagesschau), Absage an die Familie (Süd­deut­sche), Deutschlands Kinder: Immer weniger und von Armut bedroht (Stern) oder Jedes 6. Kind von Armut bedroht (Bild) und Jedes sechste Kind von Armut bedroht (taz). Die Betonung der Armutsbedrohung, der Kinder in Deutschland vermeintlich ausgesetzt sind, steht im krassen Widerspruch zu dem, was Egeler wortwörtlich gesagt hat, nämlich: „Kinder sind nicht stärker armutsgefährdet als der Durchschnitt der Bevölkerung und ihre Grundbedürfnisse werden weitgehend erfüllt“. Kritische Wissenschaft

Zahl der Kinder in Deutschland seit 2000 um 2,1 Millionen ge­sun­kenKorrektur vom 3.8.2011 in den ‚Weiteren Unterlagen zur Pres­se­kon­­fe­renz‘: Neuer Tabellenanhang (XLS) Destatis und Links zur bereits stattgefundenen Pressekonferenz mit detaillierten Informationen.

„Kinderunfreundlich ist Deutschland auf keinen Fall“
Pressesprecher des Deutschen Kinderhilfswerks fordert Ausbau der Be­treu­ungssituation – Deutschland sei ein kinderentwöhntes Land, sagt der Pres­se­spre­cher des Deutschen Kinderhilfswerks, Michael Kruse. Damit sich Paare wieder häufiger für ein Kind entschieden, müssten die ge­sell­schaft­li­chen Rahmen­be­din­gun­gen verbessert werden. dradio

Staatssekretär Hecken: „Unsere Familienpolitik ist auf dem richtigen Weg“
„Die Zahlen des statistischen Bundesamts kommen nicht überraschend, sondern entsprechen dem Ergebnis aller aktuellen demographischen Un­ter­su­chun­gen. Der Rückgang der Kinderzahl in Deutschland zeigt, wie wichtig eine nachhaltige Familienpolitik ist. Insbesondere eine familienfreundliche Un­ter­neh­mens­kul­tur und der Ausbau der Kinderbetreuung spielen eine zentrale Rolle, wenn es da­rum geht die Rahmenbedingungen für Familien zu verbessern. Wir sind mit un­se­ren familienpolitischen Maßnahmen auf einem guten Weg, damit sich die ge­stie­ge­nen Kinderwünsche auch erfüllen können.“ BMFSFJ

  • Politikern fällt anscheinend auch nicht mehr viel ein, die Kreativität lässt arg zu wünschen übrig 😉

Der Big Deal – Mit Cannabis aus der Schuldenkrise?
Das Sommerloch hat sein Gutes. Aus ihm quellen manchmal Nach­rich­ten, die das Licht der politischen Hauptsaison scheuen. So be­auf­trag­te zum Beispiel die französische Tageszeitung Le Monde den Ökonomen Pierre Kopp mit einer interessanten Kosten-Nutzen-Analyse. Sein Ergebnis: der Kampf gegen den Ha­schisch-Konsum kostet den französischen Steuerzahler 300 Millionen Euro im Jahr. Würde man Haschisch freigeben und mit der Tabaksteuer be­le­gen, ergäbe das eine Steuereinnahme von etwa 1 Milliarde Euro. Berliner Zeitung

  • Das finde ich doch mal eine gute Idee. Für mich ist Alkohol in seinen gesamten Aus­wir­kun­gen tausendmal schlimmer als Haschisch. Aber da wir ja die Ame­ri­ka­ner fra­gen müssen, ob wir das überhaupt dürfen, wird das wohl in Deutschland noch lange auf sich warten lassen.

Populismus: häufig gebraucht – wenig definiert
Ein Diskutant im Forum von MANNdat hat etwas getan, was bislang in der ganzen Diskussion um Rechtspopulismus kaum jemand getan hat: Er hat versucht, zu definieren, was Populismus ist. Dies ist insofern be­mer­kenswert als die öffentliche Debatte (oder, wer’s lieber mag: der öffentliche Dis­kurs) um Rechts­po­pu­lis­ten und ihre Verantwortung für die Handlungen von Anders Behring Breivig bislang auf der Prämisse geführt wird, dass doch ganz klar sei, was Populismus ist, jeder wisse, was Populismus ist. Aber ist dem wirklich so? Ich habe in einigen wissenschaftlichen Publikationen gestöbert und eine ganze Reihe höchst unterschiedlicher Va­ri­an­ten von „Populismus“ zu Tage befördert. Kritische Wis­sen­schaft

Unionsfraktion im Bundestag fordert Reform der Pfle­ge­ver­si­che­rung (Deutschlandfunk Interview)
Laumann: Pflege derzeit zu knapp finanziert – So schnell wie möglich soll aus zusätzlichen Pflege-Pflichtbeiträgen Geld für einen „Ka­pi­tal­stock“ angespart wer­den, der dann zur Verfügung steht, wenn die Babyboomer-Generation aufs Altenteil geht, fordert die Unionsfraktion im Bundestag. Karl-Josef Laumann, CDU-Fraktionsvorsitzender im NRW-Landtag, glaubt, dass an dieser Reform kein Weg vorbei geht. dradio

  • Ich befürchte, das wir in der Tat dieses Problem anders nicht lösen können. Wenn immer weniger Kinder geboren werden, wer soll denn die finanzielle Last der Pflege bezahlen? Was ist mit den Menschen, die keine Kinder haben? Ob die alle so viel Geld auf Seite gelegt haben, das sie ihren Lebensabend alleine von den Rücklagen bestreiten können, wage ich ganz stark zu bezweifeln. Da wird noch ein gewaltiges Problem auf uns bzw. die nächste Generation zukommen.

We were never being boring
Der erneute Erfolg der vormaligen Boyband Take That ist be­ein­dru­ckend. Und ein nachträglicher Sieg des – nun ja – Bösen 1,6 Mil­lionen Ti­cket­käu­fer können nicht irren. Gerade mal drei Dutzend Shows waren es, ziem­lich ausverkauft allesamt, jeweils acht davon gab es an auf­ein­an­der­fol­gen­den Tagen im Manchester City Stadion und im Londoner Wembley. Zu den drei Auf­tritten in Deutschland kamen gut 150.000 Leute.[..] Der Kreisch­faktor ist immer noch er­staun­lich enorm. Ihr heutiges Publikum ist mit dem damaligen zu großen Tei­len de­ckungs­gleich, nur mit denselben 15 Jah­ren Altersunterschied, den auch die Band auf dem Buckel hat. Aus Teenagern, gegen deren Fan-Begeis­te­rung man na­tur­gemäß nicht ankommt, sind mehr oder weniger gut verdienende Frauen um die Dreißig geworden, die es sich auch mal leisten können, nach Hamburg, Düs­sel­dorf oder München zu fahren, um Take That noch einmal zu sehen. Das Ver­blüf­fen­de und der eigentlich be­mer­kens­wer­te Effekt ist: Sie wollen es sich auch leisten. der Freitag

  • Über diesen Artikel habe ich mich einfach nur amüsiert. Da wundert sich der Autor, das angeblich gestandene Frauen immer noch einer „Boy-Band“ hinterher laufen bzw. rei­sen.

Besprechung: Heinz-Jürgen Voss · Making Gender Revisited
Ich habe „Making Sex revisited“ von Heinz-Jürgen Voss durch. Einen ers­ten Eindruck hatte ich ja bereits in „Heinz Jürgen Voß zu pränatalen Hor­mo­nen“ mit­ge­teilt. Dieser ist nicht positiver geworden. Es heißt, dass im wesentlichen Konzepte aus dem Poststrukturalismus angewendet werden und theo­re­tischer Kon­struktivismus, Dekonstruktion, Diskursanalyse, feministische Wis­sen­schaftskritik und Systemorginasationstheorie den Hintergrund bilden. Es handelt sich damit im wesentlichen um ein ideologisches Buch. Voss stellt gleich auf einer der ersten Seiten dar, dass er als wissenschaftliches Mittel die Dis­kurs­ana­ly­se wählt und dabei die gesellschaftliche Ansicht, dass es strikt männlich und weiblich hin­ter­fra­gen will. Alles Evolution

Die Widersprüch­lich­keit feministischen Denkens: Der Feminismus verlangt von euch, von Gleichheit zu sprechen. Doch manche Geschlechter sind gleicher als andere. Wir sind den Männern gleichwertig und das macht uns ihnen moralisch überlegen. Alles was Männer können, können wir genauso gut und Männer können nichts richtig. […]

1 Kommentare.

  1. >Unionsfraktion im Bundestag fordert Reform der Pfle­ge­ver­si­che­rung (Deutschlandfunk Interview)<
    "Ob die alle so viel Geld auf Seite gelegt haben, das sie ihren Lebensabend alleine von den Rücklagen bestreiten können, …"
    Die Frage lautet wohl eher ob sie soviel Geld auf die Seite legen KÖNNEN, bzw. ob "Papa Staat" sie denn LÄSST, und nicht vorher ganz gierige Augen und Finger bekommt, ob des angesparten "Vermögens"? Letzteres steht – aus Erfahrung – zu befürchten, womit Laumann recht hätte, denn daß der Staat dieses Geld für alles andere, außer der Pflege, verfrühstücken wird, ist ebenfalls keine neue Erkenntnis!