Gender-Belange zur Nutzung von Autobahnen

hib-Meldung • 145/2009

Im Bundestag notiert: Berücksichtigung von Gender-Belangen

Verkehr und Bau/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/MIK) Über die Berücksichtigung von Gender-Belangen in der Verkehrs- und Raumplanung will sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (16/12943) informieren. Die Abgeordneten fragen die Bundesregierung deshalb unter anderem, welche Rundschreiben der Abteilung Straßenbau des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sich mit Gender-Aspekten befassen und wie die Aspekte darin jeweils behandelt werden [hier]

Die Überschrift sagt natürlich nichts Genaues über Inhalt und Umfang des Fragenkatalogs von Bündnis90/Die Grünen aus. Ich fand aber gerade diese Frage so lustig, das ich sie als Titel ausgewählt habe. Nachfolgend weitere ‚Schmankerl‘:

Berücksichtigung von Gender-Belangen in der Verkehrs- und Raumplanung

Gerade im Verkehrsbereich und auch bei der Nutzung des öffentlichen Raumes sind die Lebenswirklichkeiten der Geschlechter oftmals sehr unterschiedlich. Zum Beispiel in Bezug auf individuellen bzw. öffentlichen Nahverkehr, was Begleitverkehr, Nutzung von Radwegen und Fußgängerwegen oder aber die Nutzung von öffentlichen Parkanlagen und Freiflächen etc. angeht. Straßenraum und öffentlicher Raum sind für Kinder und Jugendliche auch Sozialisations- und Bildungsraum. Obwohl heute zunehmend auch Männer Aufgaben der Versorgungsarbeit wahrnehmen, bleibt die Grundproblematik der unterschiedlichen Lebensgewohnheiten von Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlechts und die jeweils damit verbundenen Ansprüche an den öffentlichen Raum bestehen. Das Planungsinstrument des GM bietet durch seine strategischen Ansatz beste Möglichkeiten hierauf positiven Einfluss zu nehmen. Fraglich bleibt, wie weit dieses Instrument greift, das ja gesetzlich gut verankert ist.

Wir fragen die Bundesregierung:

10. Gibt es Untersuchungen zur Nutzung von Autobahnen und Eisenbahnen nach Geschlecht?
Wenn ja, welchen Inhalts ist diese Untersuchung, wenn nein, warum nicht?

17. Wie sieht die Umsetzungskonzeption des BMVBS aus um Genderbelange in der Bauleitplanung zu verankern, werden Frauenverbände bzw. Frauenorganisationen als Träger öffentlicher Belange in die Planungsverfahren
eingebunden?
Wenn ja, in welcher Form, wenn nein, wann erfolgen die ersten Schritte?

19. Werden im Rahmen der Verkehrs- und Raumgestaltung in Verantwortung des BMVBS auch die Anforderungen der Handlungsfelder Stadtsoziologie, Pädagogik und Sozialarbeit berücksichtigt?
Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

23. Warum ist bei der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans das Gender Mainstreaming nicht berücksichtigt worden?

25. Wie kann die Verkehrspolitik Mobilitätsbedürfnisse von nichtmotorisierten Personen besser berücksichtigen?

29. Wurde vom BMVS fachbezogene Genderkompetenz als Auswahlkriterium in alle Ausschreibungsverfahren zur Verkehrs- und Stadtentwicklung aufgenommen?
Wenn ja, was versteht das BMVBS unter fachbezogener Genderkompetenz, wenn nein, warum nicht?

30. Gibt es im Verkehrsministerium Schulungsmaßnahmen für Genderkompetenz, an der regelmäßig alle Angestellten teilnehmen müssen?
Wenn nein, warum nicht, wenn ja, in welchem Umfang?

4 Kommentare.

  1. Nachdem sich die Grünen von einer Umwelt- zu einer Feministinnenpartei gewandelt haben, sehen sie Verkehrsprobleme anscheinend hauptsächlich durch die Geschlechterbrille. Das ursprüngliche Anliegen, öffentliche Verkehrsmittel zu fördern, droht dabei in den Hintergrund zu treten und in einem abgehobenen Soziologengewäsch unterzugehen, in dem auch Hitlers Autobahnen nicht fehlen dürfen. In der Politik konzentriert sich im öffentlichen Verkehr das kurzsichtige Interesse auf prestigeträchtige Großprojekte wie zu Führers Zeiten, wodurch oft das Geld für Erhaltung und Ausbau der kleinräumigen Grundversorgung fehlt. Meine Erfahrung war bisher, daß die gut bezahlten Feministinnen -Organisationen kaum dagegen konkret Druck gemacht haben und diese Aufgabe in der Regel Männern (unbezahlt) überlassen wurde.

  2. Die gender-Belange der Grünen war wohl immer schon ein kostspieliger Prioritätslacher. Gut ist auch der hier, der heutzutage absolute Priorität haben muß :

    „FOCUS berichtete im Nov. 2004 (Zütphen 2004) – nicht ohne ironischen Unterton -, daß die damalige Grünen-Umweltministerin von NRW, Bärbel Höhn, 300.000,- € für Projekte zur `aktiven Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern` ausgegeben hat. Eine stattliche Summe. Als Untersuchungsobjekt für genderrelevante Fragen wurde der Sektor Waldwirtschaft auserkoren. Es ging konkret um die `Gleichberechtigung im Wald`, wie der FOCUS süffisant bemerkte. … Die Ergebnisse der Wald-Gutachten lösten ganz objektiv Kopfschütteln aus. Es gäbe in NRW, so eines der schütteren Ergebnisse, nur 14% weibliche Waldbesitzerinnen, sie besäßen eher kleinere Wälder, besuchten ihren Forst seltener als Männer und seien bei der Waldarbeit `etwas zurückhaltender`. Zur Lösung dieser Probleme sollte eine gegenderte Öffentlichkeitsarbeit betrieben werden, ebenso ein Projekt beginnen mit dem Titel `Waldpädagogik unter gender-Aspekt`. Und der Steuerzahler fragt sich zu Recht, was mit seinem Geld alles so angestellt wird.“

    (Quelle : Beitrag Susanne Kummer in „Befreiungsbewegung für Männer“, Gruner/Kuhla, 2009, S. 113)

  3. Und weil wir gerade dabei sind haben wir noch den Klassiker :

    „Wieder war es das Umweltministerium NRW. Es schickte 2005 ein Expertenteam los, um einen wichtigen Auftrag zu erfüllen : Eine Soziologin und eine promovierte Ökotrophologin sollten sich um `gender-mainstreaming im Nationalpark Eifel – Entwicklung von Umsetzungsinstrumenten` kümmern`. Das klingt kompliziert, aber dahinter stand die `Überzeugung, daß Sexismus nicht vor den Grenzen eines Naturschutzgebietes haltmacht`, schrieb Rene Pfister in seinem Artikel `Der neue Mensch`. Nach elf Monaten Arbeit habe das Forscherteam einen 67-seitigen Abschlußbericht vorgelegt. Es empfahl zum Beispiel, Bilder von der Hirschbrunft möglichst aus Werbebroschüren zu streichen, denn so etwas fördere stereotype Geschlechterrollen. Die Landesregierung überwies 27.000,- € für die Studie“.

    (Quelle : Beitrag Susanne Kummer in „Befreiungsbewegung für Männer“, Gruner/Kuhla, 2009, S. 113)

    Mein Fazit : Ich will also als politisch korrekt gegenderter keinerlei Hirschbrünfte auf Bildern mehr sehen. Sonst gibts nämlich eine Klage nach dem AGG.

  4. Mein Fax an die Grünen – ich denke, die Antwort wird in der Art lauten „Gleichstellung zwischen Frauen und Männern ist faktisch noch nicht erreicht“, oder so, was ja auch stimmt, weil viele Frauen ja gar keine Gleichstellung WOLLEN. Es sind ja bald Wahlen, da möchte ich schon ganz gern ein Statement von den Parteien der demokratischen Mitte :

    Gläserne Decken – Lohnschere Frauen und Männer

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    im Rahmen anstehender Wahlen beschäftigen sich Mitinteressierte so wie ich auch mit div. Parteiprogrammen. Dabei las ich in einer Darstellung Ihrer Partei etwas über „gläserne Decken“.
    Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit wissenschaftlichen Analysen hierzu und war etwas verwundert, daß sich alt-feministisch anmutende Diskriminierungspostulate in modernen Parteiprogrammen wiederfinden.

    Ich erlaube mir Ihnen einige Zitate nahezubringen. Nach neuesten Forschungsergebnissen liegen hier zusätzlich zu unterbrochenen Erwerbsbiographien offensichtlich selbstgewählte Schicksale vor :

    „… und daß 38% der Frauen eine Beförderung abgelehnt oder sich bewusst für eine schlechter bezahlte Position entschieden hatte (Sylvia Ann Hewlett, „Extreme Jobs. The Dangerous Allure of the 70 hour-workweek“, Harvard Business Review 12/2006, Hewlett und Luce, „off-ramps and on-ramps. Keeping talented woman on the road of success”, Boston, Mass.: Harvard Business School press, 2007).
    „.. durch ihre Suche nach inhärentem Sinn bei der Arbeit und über die geringere Stundenzahl, die sie in die Arbeit investieren wollten. Beides steht im Widerspruch zu Spitzengehältern und beruflichem Aufstieg.“ (Susan Pinker, “Das Geschlechterparadox, S. 100).
    „Die Frauen, die weniger rentable Berufsfelder und Tätigkeiten wählen, tragen selbst zu dieser Diskrepanz bei, als ob sie sagen wollten : Dies ist die Arbeit, die ich tuen möchte. Dies sind die Arbeitszeiten, die ich brauche. Und dafür nehme ich in Kauf, etwas weniger zu verdienen“ (Susan Pinker, “Das Geschlechterparadox, S. 88)
    „Unabhängig von Lernproblemen haben eine Reihe von Ökonomen belegt, daß Frauen häufig schlechter bezahlte Jobs auswählen, ihren eigenen Angaben aber zufriedener mit ihrer Arbeit sind. (Job satisfaction and gender : Why are women so happy at work? Labour economics 4, 1997, S.341; J.Oswald, Happiness and economic performance, economic journal 107, 11/1997, S.1815-1831.).

    Wenn man die Berufsorientierungspräferenzen von Frauen und Männern betrachtet, finden sich die größten Unterschiede in den Ländern, die die größte Auswahl und Freiheit an Möglichkeiten bieten wie Deutschland, Schweiz, Norwegen, USA, Japan etc. (Marcia Barinaga, „Surprises across the Cultural Divide“, Science 263, 1994).

    Die Thematik wurde wohl auch vom BDA bereits aufgeriffen :

    „… Bei diesem durchschnittlichen Stundenlohn werden nicht etwa gleiche Tätigkeiten verglichen, sondern es wird für alle Arbeitnehmereinkommen von allen Männern und Frauen in Deutschland ein fiktiver Durchschnitt berechnet und verglichen. Dabei werden Faktoren, wie unterschiedliche Berufs- und Branchenwahl oder Erwerbsbiographien von Frauen und Männern nicht berücksichtigt.
    Die Lohndifferenz ist deshalb – anders als teilweise in der Öffentlichkeit behauptet – kein Beleg für eine Diskriminierung. Sie beruht vielmehr auf vielfältigen, objektiv erklärbaren Sachverhalten, die Einfluß auf die Lohnhöhe haben. Wissenschaftliche Untersuchungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung haben inzwischen für mehr als 80% des Lohnunterschieds von Frauen und Männern (gender pay gap) solche sachlichen Gründe nachgewiesen.
    Von den als durchschnittlichen Lohnunterschied festgestellten 23% bleibt lediglich ein „unerklärlicher Rest“ von 2-3%-Punkten bestehen. Auch dieser kann allerdings nicht pauschal mit Diskriminierung gleichgesetzt werden sondern beziffert alleine jenen Teil, dem bisher keine wissenschaftlich nachweisbaren Ursachen zugeordnet werden können. …“

    (Quelle : Ursachen für Lohnunterschiede angehen, Positionspapier des BDA zur Entgeltungleichheit (Equal Pay) von Frauen und Männern, Januar 2009, S. 2)

    Warum hält so beharrlich und weiterentwicklungsresistent das Diskriminierungspostulat und welche Wertschöpfungskette ist damit verbunden, die diese Beharrlichkeit begründet? Ich selbst arbeite bei einem modernen global-player und statt gläserne Decken sehe ich eher händeringende, an strukturelle Bevorzugung grenzende Bemühungen weiblichen Führungsnachwuchs zu entwickeln.

    Mit Interesse sehe ich Ihrer geschätzten Antwort entgegen.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Hinweis : Dieser offene Brief wird in die Thematik betreffenden Foren eingestellt.