MANNdat e.V.: Offener Brief vom 28.08.2011
Abwahlantrag der FDP-Ratsfraktion Goslar gegen Monika Ebeling
Sehr geehrte Frau Ratjen-Damerau,
Monika Ebeling ist Leiterin eines städtischen Kindergartens in Goslar. Bis zum Mai dieses Jahres war sie zugleich auch Gleichstellungsbeauftragte der Stadt. Beide Positionen übte sie mit jeweils einer halben Stelle aus. Monika Ebeling setzte sich in ihrer Funktion als Gleichstellungsbeauftragte auch für die Belange von Jungen und Männern ein. Wir weisen darauf hin, dass Frau Ebeling auf kommunaler Ebene genau die Politik umgesetzt hat, die die FDP-Regierungsfraktion auf Bundesebene propagiert.
Dies führte seinerzeit jedoch in Goslar zu Kritik aus feministischen Kreisen, die Gleichstellung einseitig als reine Frauenförderung aufgefasst sehen wollen. Leider schloss sich die Mehrheit der Ratsmitglieder in Goslar, darunter auch die FDP-Vertreter, einem von der Fraktion Die Linke eingebrachten Abwahlantrag an, sodass Frau Ebeling die Funktion der Gleichstellungsbeauftragten verlor. Lediglich Vertreter einer freien Wählervereinigung und der CDU widersetzten sich dem Schildbürgerstreich, eine Gleichstellungsbeauftragte aufgrund ihres Einsatzes für tatsächliche Gleichstellung abzusetzen. Laut Gesetz ist eine Gleichstellungsbeauftragte ja weisungsfrei. Diese Weisungsfreiheit wurde durch diesen Vorgang ad absurdum geführt. Der Vorgang erregte deshalb bundesweit Aufsehen und zog ein sehr kritisches Echo vieler Leitmedien nach sich (taz, FAZ, Focus, Spiegel, Süddeutsche Zeitung, Welt etc.).[..] MANNdat
Einen Beitrag der etwas anderen Art zum Thema gibt es bei Wortlaut & Söhne – Die Medienmanufaktur. Der Autor hat sich nicht nur mit Monika Ebeling unterhalten, sondern auch mit Heide Huwald-Poppe, 58, Goslarer Frauenarbeitsgemeinschaft und Barbara Dancs, 53, erste Vorsitzende des Kinderschutzbundes Goslar.
Die Provokateurin
Monika Ebeling hat ihr Amt als Gleichstellungsbeauftragte verloren. Weil sie auch für Männer kämpfte. Die wahre Geschichte ist komplizierter.[..]Die Geschichte von Dancs und Huwald-Poppe geht so: Ebeling war ein halbes Jahr im Amt, da hat die Gleichstellungsbeauftragte die Aktion “Blaue Weihnachtsmänner” ins Leben gerufen. Um auf Väter aufmerksam zu machen, die ohne ihre Kinder Weihnachten feiern müssen. Huwald-Poppe, die einen dieser verlassenen Väter durch ihre Arbeit für den Kinderschutzbund kannte, horchte auf: Seine Frau war vor ihm ins Goslarer Frauenhaus geflüchtet. “Wir dachten, das kann ja nicht sein”, sagt sie.
Frau Ebeling hat dem Mann geglaubt, Frau Huwald-Poppe der Frau. Wer hat nun gelogen?
Monika Ebeling erzählt von einem Mann, den seine Frau mitsamt Kind völlig überraschend verließ, der erst nicht wusste, wo seine Familie war. “Wenn eine Frau einen Mann diskreditieren will, reicht es, dass sie ihn als Täter hinstellt – dann traut sich keiner mehr nachzufragen”, sagt sie. “Mich hat betroffen gemacht, mit welcher Leichtigkeit ein Verdacht ausgesprochen werden kann und welche Konsequenzen er hat, unabhängig davon, ob es zu einer Anzeige kommt.” Wortlaut & Söhne
Ein weiterer Beitrag von Medrum:
Goslarsche FDP will Kindergartenleiterin Monika Ebeling den Garaus machen
[..]Während die Bundes-FDP kein Problem damit hat, dass zwei Politiker, denen der Doktortitel aberkannt wurde, weil sie nach Überprüfung der Universitäten in ihren Doktorarbeiten fremdes als eigenes Gedankengut darstellten, weiterhin und ohne Widerspruch ihrer Partei ihre Parlamentsmandate wahrnehmen, hat die FDP in Goslar ein massives Problem damit, dass eine Kindergartenleiterin den Mut hat, eine eigene Meinung zu vertreten. Es stellt sich daher durchaus die Frage: Bei wem könnte hier der Fokus verrutscht sein?
Bei Monika Ebeling, die sich gegen eine einseitig feministisch gesteuerte Gleichstellung der Geschlechter wendet, oder bei einer sich als liberal bezeichnenden Partei, die gegen unliebsame Meinungsäußerungen mit größter Schärfe vorgeht, aber offenbar ungeniert Mandatsträger in ihren Reihen duldet, die ihre Doktortitel mit Plagiaten zu Unrecht erworben haben? Weiter so FDP, könnten politische Konkurrenten dieser einst liberalen Partei schadenfreudig zurufen. Das scheint der sichere Weg zu sein, sich ins politische Aus zu manövrieren und dem politischen Gegner das Feld zu überlassen. Was die FDP liefert, kann nicht das sein, was der FDP-Bundesvorsitzende Rösler mit „die FDP liefert jetzt“ meinte, als er die Rolle des Parteichefs übernahm. Medrum
Nachfolgend ein zwar schon etwas älterer Beitrag von dradio, nichts destotrotz ist es wichtig, das auch beim Deutschlandfunk das Thema erscheint.
Goslar ist überall
Die schweren Defizite der GleichstellungspraxisDer geradezu abenteuerlich anmutende Vorwurf an eine Gleichstellungsbeauftragte, sie engagiere sich nicht nur für die Anliegen und Bedürfnisse von Mädchen und Frauen, sondern auch für Belange von Jungen und Männern, kann nur als Unfall beim Denken gewertet werden. Das Wort Gleichstellung hat selbstverständlich vollkommene semantische Offenheit verdient. Es ist gefälligst als politischer Imperativ auf alle Fälle von Nichtgleichstellung anzuwenden. Und zwar unbesehen, wem ein Mangel oder eine Schlechterstellung widerfährt.[..]
Solange sich von diesem Grundrecht nur Frauen angesprochen fühlen und unterstützt wissen, kommen wir in Sachen Gleichstellung keinen Millimeter mehr vom Fleck. Und solange Gleichstellungsbeauftragte – ohnehin leider fast ausschließlich Frauen – gesellschaftliche und lebensweltliche Schräglagen und Mängel im System nur dann bearbeiten, wenn sie Mädchen und Frauen betreffen, blenden sie die Hälfte der Gesellschaft aus und erledigen ihren Job deshalb auch nur zu 50 Prozent. Da wäre einem der alte Titel Frauenbeauftragte doch lieber, da bekäme die fatale Einseitigkeit der kompensativen Anstrengung das passende, weil ehrliche Türschild. dradio
Gegen Ende noch ein Text vom Väterradio, dessen Beitrag am 16.06.2011 gesendet wurde. Zu Gast sind Monika Ebeling – ehemalige Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Goslar und Rainer Sonnenberger – Bundesvorsitzender des Väteraufbruch für Kinder (VafK), Thema:
Gleichstellung im Wandel – eine längst überfällige Diskussion
oder wieviel Männerthemen braucht die ChancengleichheitGoslar hatte eine Gleichstellungsbeauftragte, welche sich sowohl für die Chancengleichheit von Frauen und Männer einsetzte. Nun kann sie dies nicht mehr als Gleichstellungsbeauftragte tun. Sie wurde am 17. Mai aus ihrem Amt entlassen. Es wurde ihr unterstellt, sie wäre eine Männerbeauftragte gewesen. Dabei hätte jeder der Kommunalpolitiker die Jahresberichten zur Gleichstellungsarbeit lesen können. Monika Ebeling hat ihre Arbeit für Frauen und Männer darin hinlänglich dokumentiert. Frau Ebeling setzte sich für die Gleichstellung betroffener Menschen ein und war eine Wegbereiterin für einen neuen politischen Ansatz.
Die Bundesministerin Kristina Schröder sagte am 4. März im Bundestag: „Meine These ist, dass Strukturen und Kulturen in der Arbeitswelt nicht nur Frauen benachteiligen, sondern sie führen zu einer Benachteiligung von Menschen, Männern und Frauen.“ So wie die Gesellschaft im Wandel ist, so ist auch die Gleichstellung ein Prozess mit offenem Ausgang. Während man noch in den letzten 30 Jahren ausschließlich auf Frauendiskrimierung fokussierte, haben Männer- und Väterverbände zusehends auf die Diskriminierung der Männer hingewiesen. Nun ist diese Position im BMFSFJ angekommen. In Goslar und vielen anderen Städten in Deutschland allerdings noch nicht. Väterradio
Zum Schluß noch mehr oder weniger etwas lustiges: Die KOPP Nachrichten vom heutigen Tage berichten über den FDP-Abmahnantrag bzgl. Monika Ebeling an die Stadt Goslar. Unter anderem wird auch auf den agens–Protest hingewiesen. Allerdings ist laut KOPP-Nachrichten nicht Eckhard Kuhla der Vorsitzende, sondern Arne Hoffmann. Da hat Frau Herman bzw. die Redaktion aber irgendwie nicht richtig recherchiert 😉
Bleibt nur noch zu ergänzen, dass einige wackeren „Kämpfer“ der FDP auf deren Facebook-Seite die letzten beiden Tage ziemlich eingeheizt und zugesetzt haben.
Über Nacht kam dann die Reinemachefrau und hat etwas für Ordnung gesorgt.
Die FDP Goslar hat also, zumindest oberflächlich auf Facebook betrachtet, wieder ein sauberes Image. 😉
Nachstehend noch eine, wieder einmal, sehr prägnant, auf den Punkt geschriebene Stellungnahme von Frau Dr. Karin Jäckel:
http://www.karin-jaeckel.de/medien/pdf/Kommentare_MonikaEbeling.pdf
Unser Gesprächskreis in Bayern verfolgt diesen Skandal (aufmerksam wurden wir durch das FDP Forum). Auch unsere Teilnehmer mit CSU und FDP Parteibuch sind empört über das Verhalten des Stadtrates von Goslar. In einer Chronologie wird das Geschehen von diesem „Runden Tisch“ verfolgt. Jetzt liegt eine Stellungnahme des FDP Bundestagsabgeordnete Knopek vor, der zwar gegen Berugsverbote ist, sich aber eher weniger für seine Parteifreunde in Goslar interessiert.
http://rundertischdgf.wordpress.com/2011/08/30/eine-anstandige-frau-soll-fertig-gemacht-werden/