Es gibt selten etwas, was mich wirklich sprachlos macht, das unten verlinkte Urteil gehört auf jeden Fall dazu.
BVerfG • Az: 1 BvR 3189/09
[..]hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts am 14. Juli 2010 einstimmig beschlossen:
Die Beschlüsse des Amtsgerichts Köln vom 26. Mai 2009 – 313 F 49/08 – und des Oberlandesgerichts Köln vom 20. November 2009 – 25 UF 126/09 – verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes.
[..]Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Zurückweisung seines Antrags auf die Gestattung unbegleiteten und erweiterten Umgangs mit seinem Sohn.
1. a) Der Beschwerdeführer ist Vater eines aus einer kurzen Beziehung mit der damals verheirateten Kindesmutter stammenden, im April 2006 geborenen Sohnes. Die Kindesmutter setzte den Jungen unmittelbar nach der Geburt aus. Er kam an seinem 12. Lebenstag in eine Pflegefamilie, in der er seither lebt. Die Kindesmutter ist alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge mit Ausnahme des Aufenthaltsbestimmungsrechts, das dem Jugendamt übertragen wurde. Umgangskontakte mit ihrem Sohn lehnt sie ab.
Zunächst einmal erinnert mich dieses Urteil erschreckenderweise an den Fall Görgülü. Auch dieser Vater kämpfte mehrere Jahre um das Sorgerecht für seinen Sohn, weil die Mutter ihr uneheliches Kind zur Adoption freigegeben hatte, obwohl der Vater sich um seinen Sohn kümmern wollte. Leider war es bis vor kurzem nicht möglich, das Väter unehelicher Kinder das Sorgerecht erhielten, wenn Mütter diesem nicht zustimmten.
Seit dem Beschluss – 1 BvR 420/09 – vom 21. Juli 2010 des BVerfG können auch Väter unehelicher Kinder jederzeit das Sorgerecht beantragen. Ob sie dieses erhalten, steht auf einem anderen Blatt und liegt wie immer im Ermessen der Gerichte. So bleibt zu hoffen übrig, das der Vater das Sorgerecht für sein Kind erhält und nicht mehr der Willkür der Mutter, des Jugendamtes, der Pflegeeltern und letztendlich der Gerichte unterliegt.
Urteil des BVerfG vom 14. Juli 2010 Az: 1 BvR 3189/09
OLG entzieht Mutter das Sorgerecht wegen fehlender Bindungstoleranz
Pressemitteilung Nr. 57/2010 • 3. August 2010 zum Urteil 1 BvR 420/09
WikiMANNia: Fall Görgülü • Sorgerecht • Umgangsrecht • Umgangsboykott
Vorweg: Ob Väter das Sorgerecht erhalten, steht natürlich nicht im Ermessen eines Gerichts, sondern ist die zwingende Folge des vom Vater gestellten Antrags, soweit eine Prüfung des unbestimmte Rechtsbegriff „Kindeswohl“ die Vorgaben des BVerfG erfüllt.
Danach muss zu erwarten sein, dass die Übertragung der gem Sorge dem Kindeswohl entspricht. Das Gericht hat keinen Ermessensspielraum.
Das fehlte auch gerade noch!
Zur Sache:
Es wäre auch unter der damaligen Rechtslage möglich gewesen, dem Vater gem. § 1680 Abs. 3, 2. Alt. BGB das Sorgerecht nach Maßgabe einer Kindeswohlprüfung zu übertragen.
Voraussetzung dafür wäre gewesen, der Mutter die elterliche Sorge zu entziehen.
Und da liegt der Hase m.E. im Pfeffer:
Das Problem des vorliegenden Falles besteht schon darin, einer Mutter, die ihr Kind aussetzt, das Sorgerecht zu belassen !
G. Emmermann