Ist aus Frauenförderung Männerbenachteiligung geworden?
Bei Männern regt sich Unmut über die Gleichstellungspolitik
Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist im Grundgesetz verankert. Aber das führte nicht automatisch zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen in der Realität. Über Jahrzehnte mussten Frauen gegen ihre Benachteiligung kämpfen. Frauenpolitik und gezielte Frauenförderung haben markante Fortschritte auf dem Wege zur tatsächlichen Gleichstellung der Frauen gebracht. Doch Männer kritisieren zunehmend, dass die Gleichstellungsgesetze, die auch für Männer gelten, einseitig zugunsten von Frauen ausgelegt und umgesetzt werden.
Viele Männer fühlen sich benachteiligt
Es gibt eine ganze Anzahl von Gründen, warum Männer sich benachteiligt fühlen, die gesetzlichen Regelungen zu ihrem Nachteil ausgelegt sehen:
Gleichstellungsbeauftragte sind fast ausschließlich Frauen, die oft nur von Frauen gewählt werden dürfen, obwohl sie auch für Männer zuständig sind. Jungen haben in der Schule größere Schwierigkeiten als Mädchen, aber nur diese werden gefördert. Warum fördert man nicht Männer in Berufen, in denen Frauen überrepräsentiert sind, zum Beispiel im Schul- und Erziehungsbereich? Beklagt werden auch Nachteile für Männer bei Scheidungen und beim Sorgerecht für uneheliche Kinder, einseitige Quotenregelungen zu Lasten von Männern und die angebliche Ausrichtung der Gesundheitspolitik vor allem auf die Frauengesundheit.
Die Experten im Studio:
Dr. Marion Gierden-Jülich , Staatssekretärin im NRW – Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration
Dr. Eugen Maus, 1. Vorsitzender von MANNdat e.V.
Ulrike Wenner, Leiterin des Stabes Chancengleichheit am Arbeitsmarkt in der NRW Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit [hier]
Tondokument der Sendung auf WDR 2.mp3 (6,9 MByte)
Kommentar
Leider wurde nur der zweite Teil der Sendung aufgezeichnet. Werbung, Nachrichten und Unterbrechungen aus aktuellen Anlässen wurden heraus geschnitten, weshalb das Ganze manchmal abrupt endet.
Die Argumente sind uns natürlich nicht neu, interessant ist aber, das auch Frauen merken, das einiges nicht stimmt. Eine Radiohörerin brachte es auf den Punkt: Es gäbe überhaupt nicht genug Frauen, die sich für entsprechende Posten bewerben würden. Aber hört es Euch selbst an. Im MANNdat–Forum gibt es dazu eine Diskussion und einen Link mit dem Original-Mitschnitt der zweiten Hälfte.
Unten habe ich noch die entsprechenden Links eingefügt, damit sich jeder selber kundig machen kann, ob das von den Frauen im Studio behauptete auch stimmt.
Link
Diskussion im MANNdat–Forum
NRW – Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration und speziell Kinder und Jugend
NRW Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit
Spiegel Online Bundesministerien versagen bei Frauenförderung..
Das Thema 23% weniger ging die letzten 12 Monate mindestens dreimal durch die Medien.
Angesichts der Tatsache daß die SPD-Vize schon von Skandalen und Quotenforderungen für Aufsichtsräte gesprochen hat, habe ich hier noch ein paar Ergänzungen, die unter der Rubrik „selbstverschuldet“ einzuordnen sind und die man gar nicht oft genug veröffentlichen kann :
„… und daß 38% der Frauen eine Beförderung abgelehnt oder sich bewusst für eine schlechter bezahlte Position entschieden hatte (Sylvia Ann Hewlett, „Extreme Jobs. The Dangerous Allure of the 70 hour-workweek“, Harvard Business Review 12/2006, Hewlett und Luce, „off-ramps and on-ramps. Keeping talented woman on the road of success“, Boston, Mass.: Harvard Business School press, 2007).
„… durch ihre Suche nach inhärentem Sinn bei der Arbeit und über die geringere Stundenzahl, die sie in die Arbeit investieren wollten. Beides steht im Widerspruch zu Spitzengehältern und beruflichem Aufstieg.“ (Susan Pinker, „Das Geschlechterparadox, S. 100).
„Die Frauen, die weniger rentable Berufsfelder und Tätigkeiten wählen, tragen selbst zu dieser Diskrepanz bei, als ob sie sagen wollten: Dies ist die Arbeit, die ich tuen möchte. Dies sind die Arbeitszeiten, die ich brauche. Und dafür nehme ich in Kauf, etwas weniger zu verdienen“ „(Susan Pinker, „Das Geschlechterparadox, S. 88)
„Unabhängig von Lernproblemen haben eine Reihe von Ökonomen belegt, daß Frauen häufig schlechter bezahlte Jobs auswählen, ihren eigenen Angaben aber zufriedener mit ihrer Arbeit sind. (Job satisfaction and gender: Why are women so happy at work? Labour economics 4, 1997, S.341; J.Oswald, Happiness and economic performance, economic journal 107, 11/1997, S.1815-1831.).
Wenn man die Berufsorientierungspräferenzen von Frauen und Männern betrachtet, finden sich die größten Unterschiede in den Ländern, die die größte Auswahl und Freiheit an Möglichkeiten bieten wie Deutschland, Schweiz, Norwegen, USA, Japan etc. (Marcia Barinaga, „Surprises across the Cultural Divide“, Science 263, 1994).
„Es ist eine Binsenweisheit, daß dieser Bereich Männer magisch anzieht, und trotz riesiger Budgets und institutioneller Anreize zur Erhöhung des Frauenanteils zeigen Frauen nur geringes und sogar weiter schwindendes Interesse am IT-Bereich. Es hat keine signifikanten Auswirkungen auf die Einschreibungszahlen gehabt, daß die National Science Foundation, das National Physical Sciene Consortium, Google, IBM, Lucent, Loreal, die Association for Women in Science und andere Gruppen Millionenbeträge in finanzielle Anreize investieren, um mehr Frauen in die Physik oder Informatik zu locken. (Der Anteil von Frauen, die einen Studienabschluß in Informatik machen, bewegt sich bei etwa 17% und ist seit 2002 um 2% gesunken).“ (Quelle: Susan Pinker, S.181 sowie weiterführend „Male Female Enrollment Patterns in Electrical Engineering at MIT and other Schools“. Final report of the EECS Womens Undergraduate Enrollment Committee, MIT, 01/1995. Donna J.Nelson und Diana C.Rogers, „A National Analysis of Diversity in Science and Engineering Faculties at Research Universities“, 01/2004, http://www.now.org/issues/diverse/diversity_report.pdf).
Auch zum Thema gläserne Decken möchte ich sehr gerne ein Zitat anführen, da ich in dem Konzern, wo ich arbeite – einem sehr erfolgreichen und modernen „global player“ mit vermittelten ökonomischen, ökologischen und ethischen Werten – nichts derartiges beobachtet habe :
„Zum Thema männerdominierte Branche sagte Kim: … aber ich hatte nie das Gefühl, daß es seine gläserne Decke gibt. Wenn man bereit war zu arbeiten, konnte man auch aufsteigen… Ja, es gibt skrupellose Personen, die sich schlecht benehmen. Haben die mich als Frau besonders ins Visier genommen? Nein.“ (Susan Pinker, S. 121).
Zum Thema Frauen sind benachteiligt weil sie Kinder kriegen hilft vielleicht der freundliche Zusatz, ca. 40% der Frauen heutzutage bleiben kinderlos. Sie haben hier die Wahlfreiheit, Männer bei der Wehrpflicht nicht. Ich denke, viele ahnen daß damit langfristig die diskriminierende Wehrpflicht für Männer nicht mehr zu rechtfertigen ist, daher ist ja jetzt die Lamentiererei „Frauen kümmern sich um Angehörige“ in Mode gekommen.
Noch eine interessante Information :
http://www.nytimes.com/interactive/2009/03/01/business/20090301_WageGap.html?8dpc
Als Ursachen werden genannt Orientierung, Erfahrung von männlichen Arbeitnehmern sowie „Diskriminierung“.
Wenn man davon ausgeht daß Frauen gleichberechtigte Wesen zu Männern sind, ist diese „Diskriminierung“ zu ersetzen durch mangelndes Verhandlungsgeschick, ist also der Kategorie „selbstverschuldet“ zuzuordnen.
Auch Männer werden unter Preis bezahlt, wenn sie nicht gut verhandeln oder bereit sind ggf. zu wechseln.
„Die Vorstellung vom Normgeschlecht, nach der Frauen bei gleichen Chancen die gleichen Entscheidungen treffen sollten, die Männer treffen, geht von der Annahme aus, daß Männliche sei die Standardeinstellung, an der sich unser aller Träume und Wünsche messen lassen… Die Vorstellung, Frauen seien verkümmerte Versionen von Männern, drängt die große Anzahl fähiger Frauen, die nicht ins männliche Modell passen, in eine vertraute infantile Rolle. Wenn sie nur wüssten, was sie wirklich wollten, würden sie Physik studieren! Irgendwie betrachtet man sie trotz ihrer Leistungen als unfähig selbst zu entscheiden. Irgendwie wird Ihnen das Gefühl vermittelt, sie seien nicht aus dem richtigen Holz geschnitzt“. (Susan Pinker, Das Geschlechterparadox, S. 125).