Ein skandalöses Urteil und eine amüsante Klage

Richter sind auch nur Menschen, was ja für sich genommen in Ordnung wäre. Wenn aber Richter des BVerfG nachweislich fehlerhafte Urteile fällen, die gravierend in das Leben von Erwachsenen und Kindern eingreifen, dann hat das schon eine beson­dere Brisanz. Im ersten eingestellten Fall geht es um die Anordnung der Fortsetzung einer Psychotherapie für ein Kind auf Grund der festgestellten Erziehungsunfähigkeit der Mutter.

Karlsruher Leseschwäche
Unter dieser Überschrift geht Volker Rieble in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift myops mit den Richtern des Bundesverfassungsgerichts hart ins Gericht. 
Bereits hier hatte ich den Fall geschildert: Das OLG Frankfurt hatte ange­ordnet, dass die Mutter eine für das Kind begonnene Psychotherapie fortsetzen solle. Das BVerfG hat den Frankfurter Beschluss falsch ver­standen/nicht oder nicht richtig gelesen, ihn jedenfalls mit der Begrün­dung aufgehoben, die Anordnung an die Mutter die eigene Psychothe­rapie fortzusetzen, sei verfassungswidrig.
Rieble meint, die Karlsruher Kammer mit den Richtern Hohmann-Denn­hardt, (früher übrigens pikanterweise mal hessische Justizministerin) Gaier und Paulus hat grandios versagt – ein Fall von High Damage.[..] beck-blog

Doc Torhüter aus Kommentar #4 im beck-blog schreibt dazu das wesentliche:

Wenn die Beschwerdeführerin, ihre beiden Verfahrensbevollmächtigten, der Vorprüfungsausschuß des BVerfG (den gibt es auch noch), das äußerungsberechtigte Land Hessen, der zuständige wissenschaftliche Mitarbeiter und die Richter der 2. Kammer des 1. Senats des BVerfG die Entscheidung des OLG allesamt dahingehend mißverstehen, daß der Mutter die Auflage erteilt worden sei, eine Psychotherapie fortzusetzen, hat das OLG eine der wichtigsten Aufgaben einer richterlichen Entschei­dung, nämlich diese nachvollziehbar und verständlich zu formulieren, offensichtlich verfehlt.

Wenn so viele Menschen bei der Arbeit schlampen, dann ziehe ich daraus den Schluss, das sämtlichen Mitarbeitern der Behörden die Arbeit am „sonstwas“ vorbei geht. Des weiteren muss man sich fragen, wie viele gravierende Fehler gerade Richter des BVerfG sonst noch machen, die nicht nur über das Leben von einzelnen Menschen entscheiden, sondern wie zuletzt beim Euro-Rettungsschirm für Griechenland geschehen, über ein ganzes Volk. In den weiteren Kommentaren des beck-blogs wird angemahnt, das Richter auch nur Menschen seien. Da sich diese aber über uns stellen, was in den meisten Gerichten alleine schon dadurch zum Ausdruck kommt, das der Richtertisch stets um einiges höher steht als die Tische von Anklage und Verteidigung, müssen andere Anforderungen gestellt werden. Stellvertretend für alle Richter verweise ich auf die vielen Fehlurteile bezüglich Falschbeschuldigungen. Wenn beim Handwerk oder in der Wirtschaft gravierende Fehler gemacht werden, gibt es stets jemanden, den man zur Verantwortung zieht.

Das eigentlich skandalöse an dem Urteil 1 BvR 1572/10 ist allerdings die Entscheidung eines Jugendamtes, wozu RA Hans-Otto Burschel vom beck-blog folgendes in seinem Kommentar schreibt:

Im Tenor der Frankfurter Entscheidung heißt es:
Bezüglich Al wird der Kindesmutter die Auflage erteilt, die bereits begon­nene Psychotherapie bis zu dem Zeitpunkt fortzusetzen, den das Jugend­amt – in Abstimmung mit dem jeweiligen Therapeuten – als erforderlich ansieht.

Die Begründung schließt mit den Worten:
Die Auflage bezüglich Al war auf Antrag von Jugendamt und Verfahrens­pflegerin zu verhängen, um zum Wohle des Mädchens zu gewährleisten, dass die bereits begonnene Therapie fortgesetzt wird. Das erscheint auf Grund der Vorfälle der letzten zwei Jahre und wegen der eingeschränkten Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter als erforderlich.

Eine Mutter ist erziehungsunfähig und daraus resultierend wird für das Kind eine Psychotherapie durch das Jugendamt angeordnet? Wenn Jugendamtsmitarbeiter und Verfahrenspfleger allerdings so agieren, wie hier bereits als Video eingestellt, braucht man sich über entsprechende Urteile nicht wundern. Nun zum amüsanten Teil.

Altweibersommer
Die im Jahre 1911 geborene Kl. wehrt sich seit einigen Jahren dagegen, daß in den im Radio sowie im Fernsehen ausgestrahlten Wetterberichten die im Spätsommer bzw. frühen Herbst oft herrschende Schönwetterperio­de als “Altweibersommer” bezeichnet wird. Die Kl., deren Anliegen hier ist, die Diskriminierung der Frauen durch die Sprache zu beseitigen, fühlt sich durch die Verwendung des Begriffs “Altweibersommer” in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt und begehrt deshalb, daß der Begriff in den Wetterberichten nicht weiter benutzt wird. Sie fühlt sich zum einen im Hinblick auf ihr Geschlecht diskriminiert, weil das Wort “Weib” schon seit altersher in abfälligem Sinne gebraucht werde, und zum anderen im Hinblick auf ihr Alter, weil mit der Bezeichnung “altes Weib” zum Ausdruck gebracht werde, daß die Betreffende keine richtige Frau mehr sei.

Aus den Gründen des an Weiberfasching verkündeten Urteils des LG Darmstadt (NJW 1990, 1997):[..] beck-blog

3 Kommentare.

  1. kleine Korrektur: Hans-Otto Burschel mag auch eine Zulassung zum RA haben, aktuell ist er (und das steht auch so im Beck-Blog) ‚Direktor des Amtsgerichts‘..

  2. Ob die Kl. wohl als nächstes gegen den Begriff „weib“lich angehen wird? Da steckt das „Weib“ ja schließlich auch drin!
    Da „dämlich“ eine gewisse Verwandtschaft mit „Dame“ – auch ein Weib/eine Frau – hat, müssen wir uns sicher auch auf ein Verbot dieses Begrffes (dämlich, nicht Dame) gefasst machen! :))
    (Dämlich hat natürlich etymologisch NICHTS mit Dame zu tun, sondern stammt wohl vom indogermanischen „tem“ (dunkel) – wie auch in Dämmerung – wobei die zunehmende Dunkelheit als Metapher für Dummheit gebraucht wurde. [Quelle: http://www.20min.ch/news/story/29966189%5D)