Terrorverdacht „Bei Freier Meinungsäußerung“

Vor lauter Euro-Rettung, Neonazi-Morde, Wulff-Theater und Frauenquoten ist eine maßgebliche Gesetzesänderung unter gegangen. Von den großen Tageszeitungen wurden Artikel über das Gesetz zur Änderung des Bundesverfassungsschutzgeset­zes anscheinend absichtlich vermieden. Dieses Gesetz wurde am 27.11.2011 mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und der SPD in zweiter und dritter Lesung verabschiedet.

Nachdem ich das Video gesehen hatte, machte ich mich auf die Suche des Begleit­textes zur Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Es gibt zwar in vielen Blogs Meldungen zum Thema, diese beziehen sich aber alle auf den Text des Kopp-Verlages. Heise Online schreibt zum Thema folgendes:

Anti-Terror-Gesetz: Warnung vor neuer Geheimpolizei

Der Berliner Verfassungsrechtler Martin Kutscha hat große Zweifel daran, dass der Regierungsentwurf zur Verlängerung von Befugnissen aus dem Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG) mit dem Grundge­setz vereinbar ist. Vor allem die geplante Auskunftspflicht, wonach priva­ten Stellen wie Banken, Telekommunikationsunternehmen, Anbieter von Telediensten oder Fluggesellschaften künftig Informationen über Verdächti­ge unverzüglich, vollständig,richtig und in geeignetem Datenformat an den Verfassungsschutz und andere Geheimdienste herausgeben müssten,kol­lidiere mit dem sogenannten Trennungsgebot, warnte der Jurist bei einer Anhörung (PDF-Datei) im Innenausschuss des Bundestags am Montag. Dieses besage, dass Nachrichtendienste keine polizeilichen Befugnisse haben dürften.[..]

Mit Sorge erfüllte den Experten ferner, dass auch friedliche Formen von Protest ins Visier von Maßnahmen geraten könnten, die eigentlich nur gegen Terrorismus aufgefahren werden sollten. So würden künftig unter dem Begriff des „Aufstachelns“ etwa das bloße Befürworten von Gewalt, Sitzblockaden und kritische journalistische Kommentare mit einer unterstellten einschlägigen „geistigen Wirkung“ erfasst. Insgesamt sei das Sicherheitsrecht längst nicht mehr stimmig und bedürfe einer grundlegenden Reform.[..] Heise Online

Weder wurde ich bei der ZEIT fündig, noch beim Spiegel, bei der Süddeutschen ein bisschen, ebenso bei der FAZ. Fast schon als witzig muss man im übrigen einen Bericht von Welt Online ansehen. Dort steht sinngemäß geschrieben, dass die Änderungen eine Reaktion auf die Neonazi-Morde und die Behörden endlich aufge­wacht seien. Wenn ich die Kommentare der Sachverständigen richtig deute, dann sind Journalisten von den Gesetzesänderungen ebenso massiv betroffen. Wieso regt sich darüber keiner auf? Glauben die vielleicht, bei Anwendung werden diese verschont?

Wir bewegen uns mittlerweile nicht nur langsam, sondern mit Riesenmeilenstiefeln auf das Niveau von Diktatorenstaaten zu. Nennt man das nicht Gesinnungsterror?Ups… das war ja Kritik an der Bundesregierung. Sollte ich deswegen im  Gefängnis landen, werde ich hernach darüber berichten 😉

Hier noch das Wortprotokoll der 52. Sitzung des Innenausschusses. Links zu ein­zel­nen Stellungnahmen der Sachverständigen wurden als PDF eingestellt.

hib-meldung · 2011_10/2011_404/01

Verlängerung von Anti-Terror-Gesetzen unter Experten umstritten

Innenausschuss (Anhörung) – 18.10.2011
Berlin: (hib/STO) Die geplante Verlängerung der sogenannten Anti-Terror-Gesetze stößt bei Experten auf ein unterschiedliches Echo. Dies wurde am Montagabend bei einer Sachverständigen-Anhörung des Innenaus­schusses deutlich. Neben einem entsprechenden Gesetzentwurf der Bun­desregierung (17/6925) ging es dabei auch um einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/3687) zur Evaluierung von Sicherheitsgeset­zen.[..] hib-Meldung

Ein Video der Ausschusssitzung ist ebenfalls auf der Homepage des Bundestages eingestellt. Zum Schluss habe ich noch eine Bitte: da ich den brisanten Begleittext nicht gefunden habe, würde ich mich – sofern dieser existiert – über eine Zusendung freuen. Ein entsprechender Link kann natürlich auch hier als Kommentar eingestellt werden.

Ich habe noch eine interessante Homepage zu Gesetzesänderungen gefunden, wo man teilweise die alten Gesetzestexte mit den neuen vergleichen kann. Zum Thema habe ich direkt auf die entsprechend Seite verlinkt.

Homepage von Alexander Lehmann

2 Kommentare.

  1. Danke für den interessanten Hinweis.

    Das Ganze läuft unter dem sperrigen Namen: „BVerfSchGuaÄndG“

    „Das Parlament“ unterschlägt einen großen Teil dessen, was da geändert wurde unter dem Absatz „Anti-Terror-Gesetze“:

    > http://www.das-parlament.de/2012/01-03/Themenausgabe/37242790.html

    Da ist der Kommentar bei den „Grünen“ schon wesentlich detaillierter und kritischer
    (auch wenn ich diese Partei auf den Tod nicht ausstehen kann):

    -> http://www.gruene-bundestag.de/cms/innenpolitik/dok/394/394585.draufsatteln_ist_keine_buergerrechtspoli.html

    Das die Systemmedien sich lieber mit Wulff und dem Dschungelcamp beschäftigen verwundert mich übrigens nicht im Mindesten.

  2. @Informant

    Danke für die Links. Für eine Oppositionspartei fand ich den Beitrag trotzdem etwas zu handzahm. Im übrigen habe ich gerade per Zufall noch etwas gefunden.

    Bankgeheimnis: Minus 9 Prozent

    Deutsche Finanzämter und Sozialbehörden prüfen offenbar immer häufiger die Konten der Bürger. Im vergangenen Jahr haben Fahnder in einem automatisierten Verfahren 63.000 Mal Stammdaten wie Namen, Geburtsdaten oder auch Anschriften bei Banken abgerufen, sagte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. 2010 habe die Zahl der Abrufe hingegen noch bei 58.000 gelegen. Daraus ergibt sich eine Steigerung um nahezu neun Prozent.

    berichtet das Handelsblatt

    http://www.kanzlei-hoenig.de/2012/bankgeheimnis-minus-9-prozent/